Im
letzten Spätherbst kam die Ankündigung des weltgrößten Herstellers von
Markenhelmen: HJC bringt zur neuen Saison mit dem RPHA11 einen weiteren
Sporthelm auf den Markt. Zwar sind Sporthelme nicht unbedingt die
Hauptspielwiese des Redaktionsteams von Motorrad-Tourer.com, aber
spätestens seit dem letzten Sommer, als der Jethelm FG-Jet unsere Herzen im Sturm eroberte, interessieren uns die Kopfbedeckungen des südkoreanischen Herstellers ganz besonders.
Dem jüngsten Sprössling in seiner Produktfamilie verpasst HJC folgende Beschreibung auf seiner deutschen Homepage :
„Optimierte Schale mit herausragendem Belüftungssystem.
RapidFireTM Visieraustauschsystem: Einfache und sichere Visiermechanik ermöglicht den schnellen, werkzeuglosen Aus- und Einbau.
Aerodynamische Schalenstruktur für störungsfreies Strömungsverhalten bei hohen Geschwindigkeiten.
Notfallausrüstung (Wangenpolster) für eine sichere und schnelle Rettung in Notfallsituationen.
Größeres Sichtfeld für bessere Sicht.
Doppelter Visierverschluss für den Renneinsatz.
Multicool-Innenausstattung
mit verbesserter anti-bakterieller Ausstattung, verstärkter
Schweißaufnahme und schnellerer Trocknung als die Vorgängermodelle.
Kopf und Wangenpolster sind herausnehmbar und waschbar.
Zum Lieferumfang gehört ein stark getöntes 2D-Visier und ein Antibeschag-Innenvisier“
Außerdem
betrage das Gewicht des Integralhelms 1300 Gramm, das bereits im
Lieferumfang um einen Pinlock-Zusatz erweiterte Visier würde die
gefährliche UV-Strahlung fast vollständig abhalten und die Garantie
betrage immerhin respektable 5 Jahre. Er wird derzeit in insgesamt 9
Farben bzw. Dekoren angeboten.
Nun
mögen eingefleischte Touren-Fahrer vielleicht in unseren üblichen Kanon
mit einstimmen und den Hersteller wegen des fehlenden integrierten
Sonnenvisiers kritisieren, jedenfalls wäre das üblicherweise an dieser
Stelle unsere Meinung. Allerdings darf man hier nicht vergessen, dass es
sich um keinen Touren-Helm, sondern eben um einen Sporthelm handelt und
die Anforderungen an diese verschiedenen Einsatzgebiete nun mal auch
unterschiedlich sind: Wer schon mal mit hohem Tempo auf der Rennstrecke
unterwegs war, weiß aus eigener Erfahrung welch hohe Kräfte hier auf den
exponierten Kopfbereich wirken, wieviel Gegenkraft die Halsmuskulatur
aufbringen muss. Dies gilt umso mehr, je schwerer der auf dem Kopf
befindliche Helm ist, weswegen Sporthelme konsequent auf
Gewichtsreduktion setzen. Und da auf der Rennstrecke auch im Gegensatz
zu einer ausgedehnten Reise- oder Tagesetappe keine stark wechselnden
Lichteinfälle wie bei mehrfachen Tunneldurchfahrten auftreten, können
wir im Falle des RPHA11 sehr gut nachvollziehen, dass hier auf ein
integriertes Sonnenvisier verzichtet wurde.
Auch
ansonsten sucht man beim RPHA11 vergeblich nach irgendwelchem
Schnickschnack: Keinerlei Vorbereitung für den Einsatz von
Kommunikationsgeräten oder dgl. hat verständlicherweise den Weg in
diesem Helm gefunden. Allein die pure Reduktion auf einen der aktuellen
ECE 22-05-Norm entsprechenden Unfallschutz für den Kopf in Verbindung
mit der Möglichkeit, im Falle eines Unfalls durch schnelles herausziehen
der Wangenpolster das Abnehmen des Helms zu erleichtern, und
umfangreiche Belüftungsmöglichkeiten prägen den RPHA11.
Lediglich
ein diskreter Spoiler am Hinterkopf soll für eine gute aerodynamische
Form sorgen, wobei sich daraus auch ganz schnell ein kleineres
Problemchen ergeben kann: Bereits auf dem Transportweg zu uns muss es
trotz sorgfältiger Verpackung eine Krafteinwirkung auf diesen Spoiler
gegeben haben. Und da dieser – sicherlich ebenfalls aus Gründen der
Gewichtsersparnis - sehr filigran ausgefallen ist, können wir nun unser
Modell an zwei kleinen Rissen an diesem Spoiler erkennen. Bei der
Funktionsprüfung konnten wir keinerlei Beeinträchtigung dadurch
feststellen; es handelt sich also bei unserem Modell allein um ein
optisches Defizit, das man allerdings auch nur beim genauen Hinsehen
wahrnimmt. Aber es zeigt auch auf, das man mit dem RPHA11 besonders
sorgsam umgehen sollte: Wir würden während einer Pause nach der
Kurvenhatz lieber nicht die ausgezogene Jacke auf den abgelegten Helm
platzieren, sondern lieber daneben legen. Ansonsten gibt es dazu am Ende
dieses Beitrags noch eine wichtige Information.
Ansonsten
hat sich HJCs RPHA11 im Einsatz als lupenreiner Sporthelm gezeigt:
Leicht mit gutem, stabilen Verhalten bei hohen Geschwindigkeiten und
nahezu keiner Anfälligkeit gegenüber Seitenwinden. Verwöhnt, wie wir von
unseren Tourenhelmen sind, erscheint er uns etwas lauter, aber auch das
ist etwas, das viele Sporthelme kennzeichnet. Der Stoff des
Innenfutters ist wiederum und wie auch bei den anderen von uns
getesteten Modellen von HJC über jeden Zweifel erhaben und fühlt sich
auch bei schweißtreibenden und anstrengenden Hochgeschwindigkeitsfahrten
sehr angenehm auf der Haut an, insbesondere, da das Lüftungssystem sehr
effektiv arbeitet und dadurch die Temperaturen wirksam reduzieren kann.
Ob
das Visier wie von HJC versprochen nahezu vollständig die auftreffende
UV-Strahlung absorbieren kann, lässt sich naturgemäß von uns nicht
überprüfen, so dass wir insoweit dem Hersteller vertrauen müssen. In
jedem Fall konnte das Pinlock-Visier auch an kühlen und feuchten Tagen
in gewohnter Manier ein Beschlagen des Visiers verhindern. Brennt
dagegen die Sonne auf den Asphalt, bietet sich der Visiertausch gegen
das deutliche getönte Exemplar an. Hier hat uns sehr angesprochen, wie
leicht, schnell und vor allem ohne Werkzeugeinsatz dieser Wechsel
vonstatten gehen kann.
Insgesamt
präsentiert sich der HJC RPHA11 genau als das, was er sein soll: Ein
konsequent auf geringes Gewicht getrimmter Sporthelm ohne Firlefanz und
Schnickschnack, der es seinem Besitzer ermöglicht, sich konsequent auf
die notwendigen Fahrmanöver einer Hochgeschwindigkeitsfahrt auf der
Rennstrecke zu konzentrieren. Wer einen neuen Kopfschutz für dieses
Einsatzprofil sucht, sollte sich den RPHA11 durchaus mal im Laden näher
anschauen, anprobieren und vielleicht sogar die eine oder andere
Proberunde drehen. Wenn die Passform stimmt, und das ist ja beim
Helmkauf eh das „A und O“, kann der RPHA11 für rennstreckenaffine oder
sportliche Fahrer eine interessante Alternative sein. Ob der dafür
aufgerufene Preis von je nach Dekor zwischen 400 und 550 Euro angemessen
und notwendig ist, möchten wir momentan mangels aktueller
Vergleiche nicht entscheiden; für die Beurteilung dieses
Preis-Leistungs-Verhältnisses haben in diesem Segment andere sicherlich
mehr Know-How und einen besseren Marktüberblick.
Somit
schafft es der HJC RPHA11 als Sporthelm bei uns auf sehr überzeugende 4
von 5 möglichen LikeBikes und entlarvt im Redaktionsregal auf
seinen Einsatz wartend das nächste nach ihm greifende Teammitglied
bereits bevor es auf die Rennstrecke gehen soll als gerade einmal
geschwindigkeitssüchtig.
Nachschlag:
Unmittelbar nach Veröffentlichung dieses Beitrags erreichte uns folgende Nachricht von HJC Europe s.a.r.l.:
"Wir
hatten ein Paar Fälle mit den angerissenen Spoilern und die Fabrik
entwickelt hier eine Verstärkung. Die Kollegen haben bereits vor 8
Wochen mit der Überarbeitung begonnen. Alle Helme, die jetzt die Fabrik
verlassen, tragen bereits den verstärkten Spoiler. Darüber hinaus haben
wir den neuen verstärkten Spoiler bereits auf Lager und tauschen
problemlos um."
Vielen Dank an HJC für diese Ergänzung!
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