Sonntag, 2. Oktober 2016

Frühjahr 2016: Saisonstart in die kulinarische Altmark

Die Zeit der langen Winterabende und regnerischen -tage ist vorbei, auch die Saisonkennzeichen der letzten Motorräder aus dem Redaktionsfuhrpark von Motorrad-Tourer.com erlauben nun wieder Asphaltkontakt und wie immer steht wieder der gemeinsame Saisonstart an: Während wir in den vergangenen Jahren immer schon recht früh im März unterwegs waren und dann nicht nur aber vor allem die Ladies über die notwendige Anzahl von Zwiebelschichten philosophierten, wollten wir uns in diesem Jahr etwas mehr Zeit lassen. Ein paar grüne Blätter sollten schon an den Zweigen hängen, ein paar Obstblüten für Farbe in der Landschaft und für Frühlingsgefühle sorgen. Dementsprechend sollte es dann Mitte April losgehen und als Ziel hatten wir uns eine – insbesondere unter Motorradfahrern – weniger bekannte Region herausgesucht, die Altmark.
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Die Region nördlich von Magdeburg und rund um das Städtchen Stendal kann man auf viele Arten beschreiben: Hier finden wir eine der am wenigsten besiedelten Gegenden Deutschlands. Das bedeutet, leere Straßen, die scheinbar nur für uns gebaut wurden. Gleichzeitig bewegen wir uns in einer der historisch bedeutenden Regionen für unser Land: Die im Mittelalter so erfolgreiche Hanse hat ihre Spuren in der Vielzahl der Hansestädte dieser Region (Stendal, Salzwedel, Gardelegen, Osterburg, Seehausen, Werben, Havelberg) hinterlassen und das berühmte Bernsteinzimmer wurde hier im Jahr 1716 vom preußischen König Friedrich Wilhelm I. dem russischen Zaren Peter I. geschenkt. Aber dazu später mehr.
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Als ich mich an den Tourismusverband der Altmark wandte um ein paar Informationen zu Sehenswürdigkeiten oder kulinarischen Besonderheiten zu bekommen, stieß ich auf offene Ohren und eine geradezu begeisternde Unterstützung für unser Vorhaben. Deswegen hier noch einmal vielen Dank für die tolle Unterstützung, zu diesem agilen Tourismusverband kann man getrost jeden hilfesuchenden Interessenten schicken.
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Wir starten am Samstag Morgen nach einem entspannten Frühstück und entscheiden uns, Zeit zu sparen, in dem wir von Berlin aus zunächst etwa eine Stunde Autobahnfahrt in Kauf nehmen, um Burg bei Magdeburg zu erreichen. Nach diesem Aufgalopp verlassen wir die Autobahn und nehmen Ziel auf die Fähre. Als hätte sie auf uns gewartet, können wir bei Rogätz direkt auf die Fähre fahren, ohne den Motor ausmachen zu müssen. Wieder Asphalt unter den Rädern sind es nur noch wenige Minuten bis zu unserem ersten Zwischenstopp, einem etwas anderen seiner Art:
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Auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz hat sich mit dem Unternehmen Panzer-Power eine Panzerfahrschule etabliert. Hier können wir ein paar Runden mit einem der lauten Eisen-Ungetüme drehen und dabei den von dem Regen der Vortage malträtierten Boden mit den Kettenfahrzeugen durchwühlen. Es ist immer wieder erstaunlich, mit wie wenig Platz die Insassen eines solchen Vehikels im Einsatzfall auskommen müssen und wie sie dies unbeschadet und ohne blaue Flecken und Beulen überstehen.
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Nach diesem Erlebnis der besonderen Art steht uns der Sinn nach Feinerem. Wir folgen von Mahlwinkel aus den kleinen Land- und Kreisstraßen über Tangerhütte nach Tangermünde, wo es uns direkt in das bezaubernde Zentrum zieht: Vorbei an der Stadtmauer über Kopfsteinpflaster, das – so es denn reden könnte – die Geschichten vieler Jahrhunderte zu erzählen wüsste, orientieren wir uns am hohen Turm der Stephans-Kirche. Für einen kleinen Kulturpart durchstreifen wir das Haupt- und die Seitenschiffe der sehenswerten Kirche mit ihrer beeindruckenden und zahlreichen filigranen Schnitzereien versehenen Orgel.
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Beim Anblick der schmucken kleinen Lädchen in den angrenzenden Straßen ist einer möglichen Diskussion jeglicher Boden entzogen: Ohne Worte aber in trauter Einigkeit zieht es unsere Ladies zu einem kleinen Bummel durch das Zentrum. Dabei sind sie so mit den vielfältigen Angeboten und sich selbst beschäftigt, dass selbst unser männliches eigentlich unüberhörbares Magengrummeln nicht bis zu ihrer Wahrnehmung durchdringt.
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Letztendlich gelingt es uns dann aber doch, mit ihnen gemeinsam den Weg in das Gebäude der „Alten Schule“ zu finden. Hier befindet sich – wie der Name schon sagt – die alte Schule UND eines der sehenswertesten Restaurants der Region: Das Exempel. Wir nehmen im alten Klassenzimmer an ebenso alten Schultischen und auf ebenso alten Schulbänken Platz.
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Den mit einem leicht drohenden Unterton unserer „Lehrerin“ beim Bringen der Speisekarte ausgesprochenen Hinweis, dass bekanntlich Handies nichts in der Schule zu suchen hätten, nehmen nicht alle von uns gleich ernst. Erst als die Gefahr konkret zu werden scheint, dass die Handies eingesammelt werden und erst am Schuljahres-Ende von unseren Eltern wieder abgeholt werden dürfen, erkennen wir den Ernst der Lage und finden plötzlich Gelegenheit, uns ganz ungestört miteinander zu unterhalten und nicht über WhatsApp oder die sozialen Netze auszutauschen... Früher war nicht alles falsch...
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Dann staunen wir über die in der Speisekarte aufgeführten ungewöhnlichen Gerichte, wie beispielsweise einen „Klump“, eine „Schuhsohle“ oder „Hühnergold“. Anschließend dürfen wir uns mal im Lehrerzimmer, in der Lehrerwohnung und allen Räumlichkeiten umsehen - alles Räumlichkeiten, die heute als Sitzmöglichkeiten in diesem besonderen Restaurant dienen.
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Staunend nehmen wir wahr, mit wie viel Liebe zum Detail hier eine Atmosphäre geschaffen wurde, die einerseits historische Eindrücke vom Leben vor vielleicht 150 oder 200 Jahren mit der Qualität und Auswahl einer modernen Küche vereint. Es gibt niemanden von uns, der vom Essen nicht minder begeistert ist als von der Schlagfertigkeit unserer Gastgeberin: Eigentlich haben doch wir Berliner immer das letzte Wort, dachten wir. Heute lernen wir dazu.
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Auch, dass Schuhsohlen äußerst schmackhaft sein können und ein Klumpen auch dann großen Wert haben kann, wenn es kein Gold sondern lecker zubereitetes Essen ist. Wir sind uns einig: Hier kann man eigentlich wahllos auf ein beliebiges Gericht in der Speisekarte tippen und man wird nie enttäuscht sein, so liebevoll und lecker ist alles zubereitet. Der zwischenzeitlich über unsere direkt vor dem Restaurant abgestellten Motorräder hereinbrechende Wolkenbruch macht es uns leicht, noch ein wenig mehr Zeit in dieser heimeligen Stimmung zu verweilen und den aus der Küche kommenden Gaumenfreuden zu frönen. Allerdings fällt es uns durchaus schwer, mit Blick auf die abgestellten Motorräder nicht die hiesige Spezialität, das Kuhschwanzbier, zu probieren, sondern es bei alkoholfreier Fassbrause zu belassen...
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Als dann der Regen ein Einsehen zu finden scheint, verabschieden wir uns von diesem Ort der Gastlichkeit, nicht ohne uns vorher zu erkundigen, wie viele Zimmer in der auf der gegenüberliegenden Straßenseite liegenden und den gleichen Betreibern gehörenden Unterkunft existieren und uns nach besonders geeigneten Besuchsterminen wie beispielsweise dem alljährlich stattfindenden Weihnachtsmarkt jeweils am 2. Adventswochenende zu erkundigen. Aber auch wenn zu diesem Anlass kaum noch ein Zimmer zu bekommen ist: Tangermünde selbst verspricht mit seinen Erinnerungen an die wohlhabende Hansezeit, seiner warmen Herzlichkeit aber vor allem und nicht zuletzt mit der von uns gerade erlebten fantastischen Gastronomie noch ein reichliches Erkundungspotential für künftige Besuche: Tangermünde im Allgemeinen ist ein Must-Have für alle Altmark-Besucher und das Exempel im Besonderen.
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Kaum haben wir unsere Motoren gestartet, zeigt uns Petrus, dass alles nur ein Scheinmanöver war: Einzelne Regentropfen machen den Auftakt, aber wir sind guter Dinge: Der Himmel wird genau aus der Richtung, in die wir uns gleich bewegen wollen, schon wieder hell. Nach vielleicht 10 Minuten mit Nässe von oben hat der Spuk dann auch schon wieder ein Ende und lässt uns von nun an auch das ganze Wochenende in Ruhe – ganz anders, als in vielen anderen Regionen im Umkreis von 150 – 200 km von Berlin. Liegt das nun an uns oder an der freundlichen Region, in der wir uns hier bewegen? So kommen wir dann auch schon wieder im Trockenen nach Stendal, wo wir uns aus Zeitgründen nur einige Eindrücke im Vorbeifahren erlauben. Das könnte zu wenig gewesen sein, sind wir uns im Nachhinein einig: Zu schöne Backstein-Fassaden, zu beeindruckende Stadttore und zu viele interessante Kirchentürme, als dass sich nicht auch Stendal mal für einen Zwischenstopp anbieten würde.
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Auf den eingangs schon erwähnten nahezu menschenleeren Straßen kurven wir anschließend weiter in nordwestlicher Richtung. Kalbe an der Milde, der Ort mit der vielleicht höchsten Café-Dichte im Verhältnis zur Bevölkerungszahl wird von uns angesteuert. Hier hat André Tepper von Café Friedenseck einen scheinbar verloren geglaubten Grundsatz beherzigt: „Wer auf seine Kunden hört, kann nicht so viel falsch machen“ sagt er fast beiläufig, als wir von ihm wissen wollen, warum er sein Café-Geschäft umgestellt hat: Eine Weisheit, die wir uns doch alle von so manch einem Anbieter und Unternehmer wünschen würden, müssen sich doch heute viel zu oft die Kunden den Produkten anpassen und nicht umgekehrt. In der Altmark scheinen insoweit die Uhren noch richtig zu gehen.
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Also; André Tepper hatte früher ebenso wie die anderen Cafés im Ort, der auch ganz wesentlich von den Patienten einer Reha-Klinik lebt, die mehr oder wenig üblichen Torten sowie Sahne- und Creme-Kuchen im Angebot gehabt. Als aber seine Kunden immer wieder den klassischen „alten“ Blechkuchen einforderten, investierte er in einen Holzbackofen, der nun auf seiner gemütlichen Terrasse steht und ihm einmal pro Woche ein spektakuläres Schau-Backen ermöglicht. In dem mit Holz auf 360 Grad aufgeheizten Backofen werden dann mehrere Bleche mit Butter-, Zucker-, Mohn- und Kirsch-Streuselkuchen sowie Bienenstich in kürzester Zeit unter den Augen seiner begeisterten Zuschauer gebacken und dann über das Café angeboten.
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Auch wenn einige von uns anfangs noch denken, was denn an einem Blechkuchen Besonderes sein könne, verzichtet als echter Motorradfahrer niemand, als wir das Angebot bekommen, diese 5 Kuchensorten einmal zu probieren. In diesem Moment werden auch die letzten Skeptiker vom Saulus zum Paulus und wir alle verstehen nicht, warum bislang zumindest an Wochenenden das Café Friedenseck nicht von Motorradfahrern übervölkert wird: Solch ein geschmacklich intensiver und gleichzeitig lockerer, frischer Kuchen hat selten unseren Zungen gestreichelt und unsere Gaumen passiert. In unserer Karte mit den später während der Saison noch einmal anzufahrenden Hotspots bekommt Kalbe an der Milde ein dickes Kreuz und einen Hinweis auf den besten Blechkuchen der Region.
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Als ich dann dem restlichen Team noch einmal in Erinnerung rufe, was unser nächstes Ziel ist, ernte ich einige Skepsis und die Frage ob das denn wirklich nötig sei: Ich hatte halt noch eine zweite Kaffeepause an diesem Tag eingeplant, einerseits, weil ich meine lieben Mitstreiter und -innen schon ein wenig kenne, zum anderen, weil die Altmark ohne Baumkuchen gar nicht geht. Denn auch, wenn der Baumkuchen hier nicht erfunden wurde, nimmt er doch einen festen Platz im kulinarischen Umfeld der Hansestadt Salzwedel an der Grenze zu Niedersachsen ein. Hier gibt es die gläserne Baumkuchenmanufaktur und das angeschlossene Café Kruse, in dem man den in der Manufaktur hergestellten Baumkuchen frisch probieren kann.
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Trotz aller Proteste folge ich der in meinem Zumo 590 eingespeisten Routenbeschreibung zunächst noch auf kleinen Straßen in nördlicher Richtung, um dann die letzten Kilometer wegen der Notwendigkeit, bei dem einen oder anderen Bike mit kleinerem Tank etwas Sprit nachzufüllen, auf der B71 zurückzulegen. Mitten in der verwinkelten und ebenfalls historischen Altstadt von Salzwedel finden wir dann das Café Kruse und dürfen mit unseren Motorrädern sogar bis auf den Hof und damit direkt vor das Café selbst fahren. Mittlerweile hat der Himmel komplett aufgerissen und ermöglicht uns bei moderaten Temperaturen im Freien auf der geräumigen Terrasse Platz zu nehmen.
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Und auch, wenn eben noch mehr als die Hälfte der Truppe gar keine Notwendigkeit einer weiteren Kaffeepause sah: Plötzlich haben alle einen Teller mit einem dreiteiligen Probier-Set von Baumkuchen mit Zartbitter- Vollmilch- und weißer Schokolade vor sich stehen, mümmeln zufrieden die leckeren Stückchen in sich hinein und schlürfen zufrieden den leckeren Kaffee... Sag`ich doch, ich kenne sie schon ein wenig länger ;-)
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Von hier aus sind wir dann in weniger als einer halben Stunde an unserer Unterkunft, dem Wolfshotel am Arendsee, angekommen.
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Marco Wolf, der Betreiber, verfügt hier über fast 30 Zimmer mit über 40 Betten und bekommt mit seinem angeschlossenen Restaurant auch hungrige Mäuler gestopft. Wir dürfen unsere Motorräder im hinteren Teil des Grundstücks unter dem riesigen Carport vor eventuellen weiteren Regenschauern schützen und machen uns vor dem gemeinsamen Abendessen in unseren geräumigen Zimmern, teilweise behindertengerecht ebenerdig angelegt und mit eigener Terrassentür, frisch. Marco hätte sogar einen großen Grill und eine Feuerschale zur Verfügung stellen können, wenn wir es uns auf dem schönen Platz vor unseren Motorrädern hätten gemütlich machen wollen. Das heißt auch, dass selbst größere Gruppen von Motorradfahrern hier tolle Möglichkeiten haben, abends zusammenzusitzen und „Benzingespräche“ zu führen.
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Wir ziehen heute aber angesichts der nach Sonnenuntergang deutlich fallenden Temperaturen einen großen runden Tisch mit Platz für uns alle im Restaurant vor und lassen unseren Hunger aus der breit und mit viel Auswahl aufgestellten Küche stillen. Nach einem langen Tag mit vielen Eindrücken und unterhaltsamen Gesprächen beim verdienten Schlummertrunk am Abend freuen wir uns dann über die angenehm festen und qualitativ hochwertigen Matratzen, ermöglichen sie uns doch einen erholsamen Schlaf.
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Am nächsten Morgen werden wir dann beim Frühstücksbuffet überrascht: Familie Wolf betreibt neben dem Hotel einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb, schlachtet selbst, bietet Bio-Eier von eigenen Hühnern und mehrere Sorten selbstgemachter, leckerer Marmelade an. Wir genießen diese in der Region entstandenen und aus ihr stammenden Produkte, denen man man geschmacklich sehr wohl anmerkt, dass sie mit viel Liebe selbst hergestellt wurden und nicht aus einem Supermarkt-Kühltresen stammen.
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Wieder einmal mit vollem Bauch starten wir dann, um nur wenige Kilometer weiter an das nördliche Ufer des Arendsees zu fahren: Hier betreibt Fischer Kagel eine seltene Fischzucht: Nur er darf im Arendsee Maränen züchten, um diese dann auf seinem Gelände selbst und frisch geräuchert anzubieten. Wir sind leider etwas früh dran, weil der Räucherofen noch etwa eineinhalb Stunden seinen Dienst tun muss. Aber im zur Fischerei gehörigen Hofladen können wir uns mit selbstgeräuchertem Fisch eindecken. Plötzlich erinnern sich alle, beste Freunde von mir zu sein, habe ich doch auf meinen Globescout-Koffern die sonst so gerne belächelten Netze angebracht, unter denen ich nun – geruchsschonend für den sonstigen Taschen- oder Kofferinhalt – den eingekauften Fisch für alle transportieren könnte...
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Mit diesem Proviant fahren wir dann weiter in nordöstlicher Richtung, weil wir einen Besichtigungstermin im Blaulichtmuseum in Beuster verabredet haben. Leider hat dieses Museum, in dem unterschiedlichste Behördenfahrzeuge zu sehen sind, also alles, was so mit Blaulichtern ausgestattet unterwegs war, zu dieser Jahreszeit nur an Wochentagen, nicht aber am Wochenende geöffnet. Bedauerlicherweise hat auch die vorherige Terminabsprache nichts geholfen, denn wir warten vergeblich vor verschlossenen Toren. Schade, diese Ausstellung hätten wir uns gerne angesehen.
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Dafür bleibt uns nun für den nächsten Zwischenstopp mehr Zeit als geplant. Und das das kein Nachteil sein muss, zeigt sich sehr schnell. Nach wunderbar kleinen Sträßchen, die man in Schottland wohl „Single-Track-Roads“ bezeichnen würde, nähern wir uns dann der Havel, um diese mit dem Ziel Havelberg wiederum per Fähre zu überqueren. In Havelberg stellen wir unsere Motorräder in der dortigen „Lehmkuhle“, einem früheren Kasernenstandort des preußischen Militärs, ab, weil wir in der historischen Gaststätte „Zur Güldenen Pfanne“ mit dem Inhaber Manfred Hippeli verabredet sind.
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Hier dürfen wir ein Spezial-Angebot erleben, das er des öfteren gerne zusammen mit Harald-Uwe Bossert, einem befreundeten Militärhistoriker, im Angebot hat: Zu einem hochwertigen Dreigang-Menü erleben wir einen Multi-Media-Vortrag, der nicht nur in seiner optischen Gestaltung, sondern auch inhaltlich auf unsere Interessengebiete bestens abgestimmt ist.
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Zuvor machen wir uns gemeinsam mit unserem historischen Fachmann Harald-Uwe Bossert zu einem kleinen Stadtspaziergang in Richtung Stadtmauer und Dom auf, um die einzelnen Orte der jeweiligen geschichtsträchtigen Begebenheiten dieses Fleckchens Erde zuvor persönlich zu besichtigen. Wer wusste schon, dass lange vor den Alliierten-Verträgen nach Ende des 2. Weltkriegs in Havelberg bereits eine Vereinbarung zwischen dem früheren Preußen und den Vereinigten Staaten von Amerika zum Umgang mit Kriegsgefangenen abgeschlossen wurde, das bereits den heutigen Menschenrechtsanforderungen entsprach? Oder wer wusste, dass Havelberg ein bevorzugter Treffpunkt zwischen den preußischen Königen und dem russischen Zaren war? Erst Recht, dass das berühmte ursprüngliche Bernsteinzimmer in Havelberg als Gastgeschenk Friedrich Wilhelm I. Dem russischen Zaren Peter übergeben wurde, bevor es bis jetzt unauffindbar verschwand?
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Als wäre diese Fülle von Fakten und Hintergrundinformationen nicht schon genug, werden wir dann auch noch in der Güldenen Pfanne mit wiederum mit pfiffigen Ideen kombinierten und handwerklich feinstem Geschick hergestellten Leckereien beim „Junkerschmaus“ verwöhnt.
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Egal ob fein abgeschmeckte Dips zum Lachs-Carpaccio mit Salat und Kiebitz-Eier mit Bernstein-Salz, ob schonend niedriggegartem Schweinebraten mit selbst hergestellten Knödeln, Kartoffelstampf und zartem Gemüse oder ob schmackhaftem Butterkuchen mit zwei Walnuss- sowie einem weiteren Dessert mit Bernstein-Schnaps, selten habe ich unsere Gruppe so ruhig, fast schon andächtig essen sehen. Wer hätte gedacht, dass man in dieser wenig bekannten Altmark den Gaumen so sehr verwöhnen lassen kann?

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Fast könnte man auf den Gedanken kommen, dass wir uns weniger des Motorradfahrens wegen sondern eher der kulinarischen Angebote wegen für die Altmark entschieden hätten. Aber tatsächlich haben wir es gerade jetzt zu Anfang der Saison, wenn erst einmal wieder die Gewöhnung daran im Vordergrund steht, wie das eigene Motorrad so reagiert, wie das Zusammenspiel aus Mensch und Maschine nach der Winterpause so gelingt, die ebenso schöne wie wenig belebte Streckenführung in der Altmark sehr schätzen gelernt.
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Aber nicht nur zu Beginn der Saison: Wer das Gefühl hat, in seinem Dunstkreis schon jeden Bordstein, jedes Schlagloch und jede Kurve persönlich zu kennen und nach weniger bekannten Ecken sucht, dem sei ein Besuch in der Altmark sehr ans Herz gelegt. Allerdings mit einer Einschränkung: Wer die Altmark ein wenig kennenlernen möchte, sollte sich zumindest zwei, besser noch drei Tage Zeit nehmen, sonst verpasst er einfach zu viel. Auch wir werden das nachholen, was uns noch fehlt. Und wer noch immer nicht genug hat, wird im folgenden Video unseres Kollegen Johannes zum Saisonauftakt 2016 von Motorrad-Tourer.com fündig:
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