Samstag, 1. Oktober 2016

Produktvorstellung BMW Helm GS

Juni 2015:

Nachdem wir uns in diesem Jahr schon mit dem Touratech Aventuro Carbon dem Adventure-Bereich unter den Helmen zugewandt haben, war klar, dass uns nun auch im Vergleich weitere Modelle interessieren würden. Als nächstes stand das GS-Modell von BMW auf unserer Wunschliste.




So freuen wir uns, dass auch dieser Wunsch in Erfüllung gegangen ist und wir nun seit einigen Wochen dieses immerhin 560 Euro teure Modell unter die Lupe nehmen können. Schauen wir uns zunächst an, welche Eigenschaften ihm der Hersteller selbst mit auf den Weg gibt:

"Der an die Offroad-Szene angelehnte Helm GS besticht durch sein sehr sportliches Design. Durch die Auswahl einer Carbonhelmschale in Verbindung mit den für BMW typischen integrierten Nackenbändern bietet er maximale Sicherheit für seinen Fahrer. Für bestmöglichen Fahrkomfort wurde die Kombination aus Helmschild und Spoiler im Windkanal aerodynamisch optimiert.
  • Endurohelm mit faserverstärkter Helmschale aus 100 % Carbonfaser
  • Dämpfende EPS-Innenschale
  • Aerodynamisch optimierter, abnehmbarer Helmschild
  • Aerodynamisch wirksamer Spoiler
  • Sehr effektives Belüftungssystem im gesamten Kopfbereich
  • Kinnteil-/Visierbelüftung mit Kinnklappe verschließbar
  • Kinnklappe abnehmbar für freie Durchströmung beim Offroad-Fahren (mit Staubfilter)
  • Doppelscheibenvisier für optimale Anti-Beschlagwirksamkeit, Außenscheibe beidseitig kratzfest beschichtet
  • Herausnehm- und waschbares Komfortpolster
  • Nackenbänder für sicheren Sitz des Helms
  • Niedriges Gewicht
  • Homologiert nach ECE 22-05
  • Vorbereitung BMW Motorrad Kommunikationssystem
  • Optimal kombinierbar mit BMW Motorrad Neck Brace System"





Insbesondere im direkten Vergleich zu dem neuen Touratech-Helm fällt uns dann so einiges auf, was die beiden unterscheidet. Und da rede ich nicht vom Design, das nach meinem Geschmacksempfinden in beiden Fällen sehr gelungen ist. Mir geht es mehr um die Unterschiede bei der funktionalen Ausstattung.

 

Vorbildlich empfinden wir die serienmäßige Ausstattung des BMW-Helms mit einem Doppelscheiben-Visier. Dagegen sucht man beim GS-Modell Halterungen für Action-Cams oder dgl. vergeblich. Hier ist das Konkurrenzmodell aus dem Schwarzwald deutlich moderner und an vielfach vertretenen Kundenwünschen orientiert. Das gleiche gilt im Übrigen für eine Halterung von Enduro-Brillen: Eine solche werden Abenteuerlustige am GS-Modell vebenfalls nicht finden.

 

Aber auch bei der eher „klassischen“ Helmausstattung gibt es deutliche Unterschiede: Schon beim Auspacken fällt mir auf, dass beim BMW-Modell das weit vorgezogene Enduro-Kinnteil ohne Windabweiser auskommen muss: Hier findet der Fahrtwind reichlich Platz, um durch Einströmen von unten in den Helm neben einer ordentlichen Belüftung auch für eine wahrnehmbare Geräuschkulisse zu sorgen.


Darüber hinaus ist eine individuelle Anpassung des Polsters an die Kopfform beim GS-Modell nicht vorgesehen, anders als beim Touratech-Modell und dessen mitgelieferte Anpassungspads.

 

Auch bei BMW will man mir mit dem Verzicht auf eine integrierte Sonnenblende keinen Gefallen tun und vertraut stattdessen allein auf einen Sonnenschirm. Dieser ist mit drei Schrauben, die sich mit einer Münze heraus- und hereindrehen lassen, ausgestattet.

 


Holt man den Helm aus seiner Verpackung, stellt sich sofort der Eindruck ein, dass dieses Modell bestens verarbeitet ist: Keine scharfen Kanten sind zu finden, das Polster schließt geradezu perfekt mit der Helmschale ab und auch das in vier Stufen rastende Visier schließt bündig ab. Wird man neben dem luftigen Kinn-Unterteil überhaupt die zusätzliche Belüftungsmöglichkeit an der Vorderseite des Kinnbügels benötigen? Dieses ist auch so gestaltet, dass es vor allem bei geschlossenem Visier Nutzen verspricht, wenn der Teil der am Visier nach unten abströmenden Luft über die kleine Öffnung ins Helminnere geführt wird. Zusätzlich lässt sich diese Klappe vollständig entfernen, um an besonders heißen Tagen für zusätzliche Luftzufuhr zu sorgen.

 


Beim Aufsetzen des Helmes gibt es dann die ersten nicht ganz zufriedenen Gesichter: Zufälligerweise haben mehrere Redaktionsmitglieder von Motorrad-Tourer.com die gleiche Kopf- und damit auch Helmgröße, so dass wir die Passform nicht nur auf eine einzelne Person fokussiert betrachten können. Aber mit dem Problem, das ich habe, bin ich nicht allein: Im Bereich der Wangenpolster sitzt die Größe L bei mir sehr knapp, eigentlich schon zu knapp. Nach längerer Fahrzeit ertappe ich mich dabei, wie ich mir mit der Zeit immer häufiger von innen auf die Wangen beiße, wenn ich den Mund ein wenig öffne und schließe. Hier ist die gelieferte Größe tatsächlich einen Hauch zu klein.

 

Andererseits merke ich, wie sich oberhalb der Ohren und auf dem Kopf Flächen ergeben, bei denen ich mir einen engeren Sitz des Helmes wünschen würde. Hier ist die gelieferte Größe für unsere Redaktions-Köpfe eher etwas zu groß, so dass wir in unserem Team niemanden gefunden haben, dem das GS-Modell perfekt passt.

Ansonsten fühlt sich der Helm aufgesetzt zunächst ganz angenehm an. Als regelmäßiger Klapphelmfahrer kommt mir das Gewicht eher gering vor und auch die Größe des Sichtfeldes erscheint mir angenehm groß. Auch bei Autobahnfahrten bis etwa 140 km/h wirkt der Sonnenschirm zumindest an meiner 12er GS mit Adventure-Scheibe ausreichend fahrstabil und nicht übermäßig laut. Danach zeigen sich ein paar kleinere Turbulenzen, die empfehlen, sich für die schnell gefahrenen Strecken vorübergehend von dem Sonnenvisier zu trennen.

 

Was aber durchaus erheblich ist, ist die Geräuschkulisse durch Fahrtwind. Hier merkt man dem BMW GS-Modell sehr deutlich an, dass es ohne Windschutz im Kinnteil auskommen muss. Insoweit gibt es auch eine klare Empfehlung des Teams von Motorrad-Tourer.com an den Hersteller, hier für wenige Cent ein hocheffektives Stück luftdurchlässigen Stoff einzuarbeiten, um den Helm etwas leiser werden zu lassen.

Da sich Brillenbügel recht gut bei aufgesetztem Helm zwischen Kopf unf Polster hindurchschieben lassen, sollten Brillenträger vor keine größeren Probleme gestellt werden.
Überrascht hat uns der Polsterstoff, der sich beim Aufsetzen wunderbar angenehm weich anfühlt und auch atmungsaktiv sein soll: Wir können schwer abschätzen, ob wir hier einen Einzelfall zum Testen bekommen haben, aber unsere Haut schwitzt bei Kontakt mit diesem Wangenpolster deutlich mehr, als wir das von anderen Helmen gewöhnt sind.

 

Was bleibt als Fazit: Der BMW GS-Helm ist gewiss ein Accessoire, das eingefleischten Freunden der gleichnamigen bayerischen Großenduros schon allein zur Komplettierung ihrer ansonsten häufig auch aus dem gleichen Haus kommenden Fahrerbekleidung dient. Und vor diesem Hintergrund können wir auch den Stellenwert dieses Helmes einordnen.

Bei dem ansonsten von BMW propagierten Anspruch (fast) alles ein klein wenig besser machen zu wollen als die Konkurrenz, können wir hier aber leider nur empfehlen, sich mal um einen Betriebsausflug in den Schwarzwald zu kümmern: Bei in etwa gleicher Preishöhe ist das Touratech-Modell das wesentlich umfangreicher ausgestattete und in der Funktion (Windgeräusche, Umbaumöglichkeiten ohne Hilfsmittel, Qualität der Polsterstoffe mit Hautkontakt) hat es nach unserem Empfinden zum Teil sogar überraschend deutlich die Nase vorn. Allgemeiner Tenor im Redaktionsteam zum GS-Helm: „Ja, ja, ist schon irgendwie ok...“

Demzufolge wundert es auch nicht, dass – insbesondere unter Berücksichtigung des Preis-Leistungsverhältnisses – für uns nicht mehr als 2 von möglichen 5 LikeBikes vertretbar sind.


UPDATE:

Nach Veröffentlichung dieses Beitrags wurden wir in den sozialen Netzwerken darauf hingewiesen, dass eigentlich sogar zwei einbaubare Stoffeinsätze für das Kinnteil zur Serienausstattung des GS-Helms gehören sollen. Da solche Einsätze und deren Wirkung auf die Geräuschentwicklung tatsächlich Einfluss auf die Bewertung haben könnten, aber unserem Testexemplar nicht beilagen, haben wir nun nochmals Kontakt mit dem Hersteller aufgenommen und werden das Ergebnis dieser Nachfrage noch nachreichen. Bis dahin müssen wir leider noch um einen Moment Geduld bitten.

19.07.2015:


Zwischenzeitlich sind die Windabweiser für den Helm GS bei uns eingetrudelt. Wie einige Leser in den sozialen Netzwerken bereits erwähnten, handelt es sich dabei um sogar zwei Exemplare für unterschiedliche Witterungsverhältnisse. Der eine, dünnere Einsatz ist ganz offensichtlich für die warmen Tage gedacht, während das dickere, gepolsterte Exemplar eine leicht isolierende Wirkung bei niedrigen Temperaturen erwarten lässt.


Tatsächlich zeigt sich dann im Praxiseinsatz, wie wertvoll diese kleinen Tools ist: Der Helm wird mit ihnen deutlich leiser und bewegt sich auf dem Niveau des hier schon häufiger zitierten Touratech-Modells. Die Lösung mit zwei unterschiedlichen Modellen der Windabweiser erscheint uns ganz pfiffig, ohne dass wir jahreszeitenbedingt überprüfen konnten, ob wir bei niedrigen Temperaturen auch ein deutlicher Unterschied feststellen.

         

In den Gesamtbewertung reicht es dann für das Helmmodell GS von BMW zu einem LikeBike mehr als ursprünglich gedacht. Im Hinblick auf das umfangreichere Zubehör beim schwarzwälder Modell (individuellere Möglichkeiten der Anpassung an die Kopfform, die integrierte Brillenhalterung sowie die Cam-Halterungen) ergibt sich auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass beide Helme in der gleichen Preisliga spielen, hier ein Unterschied, den es auch auszudrücken gilt.

Somit vergeben wir für das Helmmodell GS von BMW nunmehr insgesamt 3 von 5 möglichen LikeBikes.












Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen