Es
zieht mich Anfang Mai 2013 in die Franche Comté, einer bei vielen
Motoradfahrern eher nicht so bekannten Region im Osten Frankreichs. Das
Gebiet zählt sowohl von seiner Ausdehnung her als auch hinsichtlich der
Bevölkerungsdichte zu den eher kleineren seiner Art. Zum Vergleich: Das
uns so naheliegende Brandenburg verfügt über eine etwa doppelt so große
Fläche und hat die fast zweieinhalbfache Menge von Einwohnern im
Vergleich zur Franche Comté, obwohl Brandenburg als eher dünn
besiedeltes Flächenland in Deutschland gilt.
Dennoch weckt die Internetseite des regionalen Fremdenverkehrsamtes http://de.franche-comte.org
das Interesse des reisefreudigen Lesers mit vielfältigen Angeboten und
Möglichkeiten. Mich interessiert dabei natürlich, wie sich diese Region
aus Sicht eines Motorradfahrers darstellt und auch insoweit hatten die
freundlichen Mitarbeiterinnen des Fremdenverkehrsamtes einige nützliche
Tipps für mich parat.
Wegen der weiten Anreise aus Berlin habe ich mich natürlich schnell für das Angebot der dbAutozug
interessiert. Leider sind mit Einführung des Sommerfahrplans 2013
erneut einige Strecken den Sparmaßnahmen zum Opfer gefallen und gerade
wir Berliner sind bedauerlicher Weise nicht ungeschoren davon gekommen:
Momentan kann man von Berlin aus mit dem Autoreisezug leider nur nach
München reisen, was für den geplanten Ausflug in die Franche Comté nun
mal keinen wirklichen Vorteil bietet.
Zum
Glück werde ich aber am Startbahnhof Hildesheim fündig, denn von hier
aus komme ich bequem mit dem Autoreisezug über Nacht bis nach Lörrach an
die Grenze zwischen Deutschland und der Schweiz. So reite ich denn am
Sonntag-Nachmittag mit meinem Reisedampfer von Berlin aus in Richtung
Magdeburg, um von dort vorbei an Wernigerode quer durch den Harz die
Anreise zum Autoreisezug interessanter zu gestalten. Rechtzeitig am
Terminal in Hildesheim angekommen, reicht die Zeit noch zum Auftanken
des Reisedampfers und zur eigenen Versorgung mit etwas Reiseproviant für
die nächtliche Zugfahrt. Mit Unterstützung der Verladeprofis ist auch
diese Prozedur zügig und einfach erledigt und ich kann es mir in meinem
kleinen Einzelabteil, das ich persönlich wegen des „richtigen“ Bettes
mittlerweile favorisiere, für die folgenden Stunden gemütlich machen.
Nach
dem Aufwachen versucht der zum Frühstücksimbiss gehörende Kaffee, die
letzten Spuren der Müdigkeit aus dem Körper zu treiben, ehe es auch
schon wieder ans Abladen geht und mein Erkundungsdrang befriedigt wird.
Leider zeigt der neugierige Blick aus dem Abteilfenster, dass in meinen
Reisevorbereitungen ein Deal mit dem Wetterverantwortlichen gefehlt hat:
Die Rukka-Kombi wird wohl wieder einmal ihre Wasserdichtigkeit unter
Beweis stellen müssen.
Bei
Nieselregen geht es dann auf zwei Rädern bald bei Weil am Rhein über
letzteren und damit auch über die deutsch-französische Grenze. Hier
warten zunächst wenige Kilometer durch das Elsass auf mich, ehe ich die
Franche Comté erreiche. Leider wird das Wetter nicht nur nicht besser,
sondern es scheint sich langsam aber sicher mehr und mehr einzuregnen.
Und so kommt es denn leider nicht zu besonders farbenprächtigen
fotografischen Erinnerungen von den kleinen Städtchen auf meiner Route.
Dennoch
lässt die idyllische Lage des Städtchens Saint-Hippolyte an der
Einmündung des Dessoubre in den Doubs, einen der prägenden Flüsse der
Region, erahnen, wie stimmungsvoll dieser Ort bei besserem Wetter sein
kann.
Die
sich im Folgenden immer wieder einmal bildenden Nebelschwaden,
insbesondere während eines kurzen Abstechers in das Schweizer Jura,
zeichnen ein fast mystisches Bild der Landschaft.
Hier
mache ich mich auf die Suche nach dem Saut du Doubs, einer Stelle, an
der der Doubs einen Wasserfall an der Grenze zwischen der Schweiz und
Frankreich bildet. Irgendwie muss ich aber während der häufigen
Wetterwechsel, teilweise verbunden mit eingeschränkten
Sichtverhältnissen, die Zufahrt verpasst haben. Dafür durchquere ich das
Hochtal Vallée de la Brevine im Neuenburger Jura, mehr als 1000 Meter
über dem Meeresspiegel gelegen. Nicht umsonst begleitet mich
währenddessen das Gefühl, als würde die Temperatur nochmals deutlich
absinken. Kennzeichnend für dieses Hochtal ist ein raues und feuchtes
Klima mit oftmals extremen Temperaturen im Winter. Diesem Umstand ist
der Beiname dieses Stückchens Erde geschuldet: Es wird auch das
„Sibirien der Schweiz“ genannt.
Und
als ob nach diesem Kälteeinbruch ein Aufwärmen besonders notwendig
wäre, geht es direkt auf der „Route de l`Absinthe“ weiter. Diesem
hochprozentigen alkoholischen Getränk aus Wermut, Fenchel, Anis sowie
verschiedenen Kräutern wurde lange Zeit eine besonders
gesundheitsschädliche Wirkung nachgesagt. Zahlreiche Künstler, unter
ihnen van Gogh, Toulouse-Lautrec, Gauguin und Picasso genossen diese
Getränk nichtsdestotrotz entweder selbst oder machten es zumindest zum
Thema einiger ihrer Werke.
Ich
widerstehe aber sogar beim Kreuzungsstopp an der bekannten Brennerei
„Les Fils d`Émile Pernot“ der Versuchung, um wieder in Frankreich Kurs
auf Pontarlier zu nehmen. Hier möchte ich das Chateaux de Joux
besichtigen, das im 18. Jahrhundert als Gefängnis diente. Die Idee, in
Pontarlier auch mit der Porte du Boulevard das wichtigste der 5
Stadttore sowie die Kirche Saint-Bénigne aus dem 17. Jahrhundert zu
besichtigen, verfolge ich bei deutlich stärker werdendem Regen dann
lieber nicht weiter.
Leider
wird dieser französische Landregen nun auf den weiteren Kilometern bis
zum Erreichen meiner Unterkunft in Baume Les Messieurs mein
Dauerbegleiter und lässt mich die landschaftlichen Reize dieser vom
bergigen Jura geprägten Region fast nur noch erahnen. Auf überwiegend
kleinen Sträßchen lege ich den Rest der Etappe zurück.
Umgeben
von über einhundert Meter hohen Felsen liegt das mein Zielort
Baume-les-Messieurs in einem nahezu runden Talkessel. Dieser Ort zählt
zu den schönsten Städten Frankreichs und beherbergt die im 10.
Jahrhundert gegründete Benedektinerabtei Saint-Pierre.
Ich suche in dem historischen Cottage La Grange à Nicolas (www.lagrangeanicolas.com)
Unterschlupf und werde wahrlich überrascht: Zum einen von den überaus
netten und hilfsbereiten Betreibern dieser außergewöhnlichen Unterkunft,
zum anderen von diesem Kleinod selbst. Ich darf mir eines von mehreren,
äußerst geschmackvoll und liebevoll eingerichteten Zimmern aussuchen
und fühle mich durch Raumgestaltung und Einrichtung gleich selbst um
einige Jahrhunderte zurückversetzt: Gewölbeartige Decken im Erdgeschoss
sind nichts, was man alle Tage zu sehen bekommt. Und die
außergewöhnliche Dekoration in Verbindung mit architektonischen
Besonderheiten dieses Hauses lassen sich kaum in Worte fassen und
faszinieren mich während meines gesamten Aufenthaltes.
Da
ich an einem Montag eingetroffen bin und in der näheren Umgebung an
diesem Wochentag kein Restaurant geöffnet hat, umsorgen mich meine
fürsorglichen Gastgeber sogar mit einem selbst zubereiteten, sehr
geschmackvollen Abendessen, welches mich ebenfalls daran erinnert, dass
ich mich in Frankreich befinde.
Letztendlich
hat mir die Region Franche Comté aufgrund der während meines
Aufenthaltes unwirtlichen Wetterlage ihre Schönheiten und Reize nur zum
Teil zeigen können. Aber dieser Teil hat mich so sehr angesprochen und
neugierig gemacht, dass ein neuerlicher Besuch auf zwei Rädern in meiner
Aufgabenliste fest vorgemerkt ist. Und in jedem Fall werde ich dann
wieder das „La Grange à Nicolas“ als Basisstation für meine Ausflüge
nutzen und kann dies auch jedem sehr empfehlen, der sich ebenfalls für
die Franche Comté interessiert.
Wer möchte, kann meine aufgezeichnete Route unter http://www.checkmytour.net/pages/tourdetails?id=400BE65D-3C25-4E8C-871E-8973C71B1DAF
nachvollziehen und bei Interesse auch gerne als Routendatei auf das
eigene Navigationsgerät speichern, um die Strecke selbst abzufahren.
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