Montag, 5. September 2016

Rukka Sommerkombi Airoad

Sommer 2011:


Warum eigentlich hatte ich mich noch im Frühjahr und damit zu Beginn der Saison zunächst um eine Sommerkombi bemüht? Keine Ahnung, es war halt einfach so. Und so fand bereits im April eine Textilkombination „Airoad“ von Rukka den Weg zu mir.


Entsprechend meiner Planung der Motorradsaison hatte ich mir einiges für die Sommermonate vorgenommen. Und nach den Erfahrungen im vergangenen Jahr unter anderem auf meiner 8-Länder-Tour mit 6 Hauptstädten in 6 Tagen war dann auch schnell klar, dass eine Allround-Kombi meinen Bedürfnissen unterwegs bei Wärme auf einem vollverkleideten Reisedampfer nur in Ansätzen gerecht wird: Zu wenig Fahrtwind sorgt für zu wenig Belüftung. Also soll geeignete Kleidung künftig einen Hitzestau mit nachfolgenden Beeinträchtigungen des Wohlbefindens und der Konzentration insbesondere auf längeren Strecken verhindern.

Der finnische Hersteller schreibt dem Produkt meiner Wahl folgende Eigenschaften zu:

Jacke:

Materialien:
- Cordura AFT Maschenware mit bewährter Cordura Abriebfestigkeit
- Hohe Luftdurchgängigkeit, kein Schwitzen mehr bei warmen Temperaturen
- Herausnehmbare, atmungsaktive, wind- und wasserdichte Gore-Tex Performance Shell Innenjacke mit Outlast – Ausstattung
- Cordura – Verstärkungen für erhöhte Reiß- und Abriebfestigkeit

Protektoren:
- RVP Air Protektoren mit der CE Norm 1621-1

Ausstattung:
- Weicher Neopren Kragen
- Kragen mit Magnetverschluss
- Weitenverstellung am Ober- und Unterarm
- justierbarer Ärmelabschluß mit Reißverschluss
- Weitenverstellung am Saum
- Verbindungsreißverschluß rundum an Jacke
- Die Jacke hat insgesamt 6 Außentaschen, davon 1 wasserdicht. 2 rückwärtige Taschen, 1 - - Mautkartentsche am linken Ärmel. 2 wasserdichte Innentaschen, davon 1 mit Handyfach in der Innenjacke

Farbe: 280 grau, 650 schw/rot, 990 Schwarz
Größen: 46-66 (64-66 in Schwartz)
Gewicht: 2,9 kg In Größe 50 gemessen mit Protektoren

Hose:

Materialien:
- Cordura AFT Maschenware mit bewährter Cordura Abriebfestigkeit
- Hohe Luftdurchgängigkeit, kein Schwitzen mehr bei warmen Temperaturen
- Herausnehmbare, atmungsaktive, wind- und wasserdichte Gore-Tex Performance Shell Innenhose mit Outlast – Ausstattung
- Cordura – Verstärkungen für erhöhte Reiß- und Abriebfestigkeit
- Kevlar – Verstärkungsmaterial im Wadenbereich

Protektoren:
- RVP Air Protektoren mit der CE Norm 1621-1

Ausstattung:
- Verbindungsreißverschluß rundum an Hose
- Bundweitenverstellung beidseitig in der Jacke und Hose
- Rukka Drainagesystem Air Cushion und Rukka Anti-Rutsch System aus Keprotec im Gesäß
- Stretcheinsätze im Kniebereich und im Gesäßbereich
- Die Hose hat 2 Stecktaschen und 2 Oberschenkeltaschen


Farbe: 990 schwarz
Größen:
C2: 46-62 (normale Länge)
Gewicht: 2,3 In Größe 50 gemessen mit Protektoren

Die dabei beschriebene offenporige Maschenstruktur war dann auch das Hauptargument, das mich eine Entscheidung pro „Airoad“ treffen ließ. Ich hatte bereits eine ähnlich konzipierte, sehr preisgünstige Sommerjacke mit einem ähnlichen Materialmix. Dieses vermittelt mir bei sommerlichen Temperaturen nahezu das Gefühl, nur im T-Shirt unterwegs zu sein. Die Nachteile dieser preisgünstigen Jacke liegen allerdings in der nur beschränkten Ausstattung mit Protektoren (nur im Bereich der Ellenbogen, nicht aber im Bereich der Schultern und der Wirbelsäule) sowie der fehlenden Wasserdichtigkeit.

Beide Schwachstellen versprach die „Airoad“ zu beseitigen. Tatsächlich wird die Kombi bereits ab Werk mit Protektoren im Bereich von Schultern, Ellenbogen, Wirbelsäule, Hüften und Knien ausgestattet. Dabei wird im Hinblick auf die angestrebte Eignung auch für hohe Temperaturen ein pfiffiger Trick genutzt: Anders als man es von anderen Herstellern kennt, stattet Rukka seine Kombi nicht mit flächigen Protektoren aus, hinter denen wiederum ein schweißtreibender Hitzestau drohen würde. Vielmehr weisen alle Protektoren eine luftdurchlässige Netzstruktur ohne durchgehende und geschlossene Oberfläche auf.


Dieser an ein Abstreifgitter für Wandfarbe erinnernde Aufbau soll trotz der hohen Luftdurchlässigkeit im Falle des Falls die Aufprallenergie wirksam aufnehmen und die darunter liegenden Körperteile effektiv schützen. Ich bin nicht unzufrieden darüber, dass ich insoweit noch über keine praktischen Erfahrungen verfüge und werde auch einiges daran setzen, dass dies genau so bleibt.

Ferner sind sowohl Hose als auch Jacke mit einer innen liegenden wasserdichten Membran ausgestattet. Diese lässt sich mit wenigen Handgriffen, einem Reißverschluss und einigen Druckknöpfen in den Ärmeln bzw. den Hosenbeinen schnell und einfach anbringen und entfernen. Dies ist auch gut so, denn diese Membran hat nebenbei einen entscheidenden Einfluss auf die gefühlte Temperatur während der Fahrt.



So war ich bei meinen ersten Testfahrten bereits im April bei etwa 10 – 12 Grad Lufttemperatur überaus erstaunt, mit nur einem T-Shirt und einem Sweatshirt darunter problemlos einige Stündchen auf den Landstraßen Brandenburgs unterwegs sein zu können. Das befürchtete Frösteln blieb aus und die vorsorglich eingesteckte winddichte Softshell-Jacke des gleichen Anbieters musste nicht aus dem Topcase genommen werden.

Was einerseits eine positive Überraschung war, barg andererseits natürlich gleichzeitig bange Befürchtungen: Wird eine Kombi, die bereits bei diesen frühlinghaften Temperaturen genutzt werden kann, tatsächlich ein angenehmes Fahren bei hochsommerlichen Temperaturen ermöglichen oder erwarten mich dann doch wieder tropische Bedingungen?

Hier verspricht die Perspektive Hoffnung, dass die wasserdichte Membran mit wenigen handgriffen herausgetrennt werden kann und so die Menge an getragenem Stoff noch einmal deutlich reduziert. Sowohl Jacke als auch Hose sind dann mit einem Netzstoff als Innenfutter ausgestattet, was einem Kleben des Materials auf der Haut entgegenwirken soll.


Zunächst ist mir aber noch positiv aufgefallen, dass auch bei der „Airoad“ ein durchdachtes Prinzip an den Ärmeln umgesetzt wurde:


Hier wird der angezogene Handschuh bei geöffneten Ärmeln in diese hineingesteckt, um im Falle eines Regengusses das Hineinlaufen von Regenwasser zu verhindern. Gleichzeitig gehen die Handschuhstulpen aber über die innen liegende Jackenmembran, die damit ein gerade bei kühleren Temperaturen unerwünschten Windzug wirkungsvoll unterbindet.

Jacke wie auch Hose weisen außen liegende und quasi aufgesetzte Taschen im Adventure-Stil auf. Diese sind sicherlich nicht jedermans Sache, für mein Einsatzgebiet aber perfekt: Ich bin nicht der Highspeed-Fahrer bin, der sich über flatternde Stoffe bei hoher Geschwindigkeit ärgern würde. Vielmehr habe ich auf meinen Reisen immer zahlreiche platzfordernde Tools dabei: Angefangen vom Taschenmesser über eine kleine Taschenlampe, Taschentücher, meinen Foto-GPS-Logger mit Adapterschuh für meine Sony-DSLR, ein paar Kabelbinder und eine in meinem Freundeskreis schon belächelte Rolle Klebeband, Ersatzschlüssel, Schreibstifte, Visitenkarten, das Handy....




All diese Dinge finden nicht nur bequem Platz in den geräumigen Taschen, sie können auch wegen der Vielzahl dieser Taschen (4 solcher Aufsatztaschen in der Jacke sowie zwei in der Hose) schnell wiedergefunden werden. Die Fahrzeugpapiere transportiere ich lieber in den auch vom Hersteller als wasserdicht angegebenen Innentaschen.

Natürlich war diese Textilkombi meine erste Wahl, als ich im Juni 2011 zu meiner Motorradreise entlang des früheren osteuropäischen Pilgerwegs Via Slavica von Warschau nach Rom aufgebrochen bin (www.via-slavica.eu). Um es vorweg zu nehmen: In diesen etwa zwei Wochen konnte ich die Kombi von über 35 Grad Lufttemperatur über Gewitter mit unwetterartigen Regenfällen bis hin zu Hagelschauern bei so ziemlich allen Witterungsbedingungen testen.


Tatsächlich hat die eigene Entscheidung, mit oder ohne wasserdichte Membran zu fahren, auf zwei Dinge entscheidenden Einfluss: Natürlich auf die Frage, ob man im Regenfall nass wird und außerdem auf die Temperatur am Körper. Lässt man die Membran weg, kann man mit der „Airoad“ problemlos auch bei Temperaturen von weit über 30 Grad auf einem vollverkleideten Motorrad unterwegs sein. Bei eingeknüpfter Membran dagegen ist das eine schweißtreibende Angelegenheit.

Dagegen ist man ohne diese Membran den Unbillen regnerischen Wetters hoffnungslos ausgeliefert: Die Netzstruktur von Jacke und Hose hält selbst kleinere Regenschauer nicht ab sondern lässt sie sofort und ungehindert an die darunter liegenden Schichten von Kleidung oder Körper dringen.

Nach meiner Via Slavica hätte ich als auf die Frage eines früheren Fernsehmoderators mit den „Schweinderln“ nach einer typischen Handbewegung spontan gewusst, wie die Antwort lautet: Das Herein- oder Herausknüpfen der Membran wurde zu meinem täglichen Begleiter, an manchen Tagen sogar mit mehrmals wechselnden Ergebnissen. Als mir auf einer eigentlich warmen und sonnigen Etappe dann doch im Verlauf ein Regengebiet begegnete, gewann dann auch meine Faulheit mit spürbaren Folgen: Während ich mich aufraffen konnte, auf freier Strecke noch schnell die Jackenmembran anzubringen, scheute ich vor dem damit zusammenhängenden Aufwand bei der Hose zurück: Nach nur wenigen hundert Metern unter der Regenwolke habe ich diese Entscheidung bereits bereut...

Erfreulich schnell trocknet die Kombi nach Regenetappen problemlos über Nacht, vorausgesetzt, man hängt die jeweiligen Membranen von Jacke und Hose getrennt auf. Lässt man die Membran dagegen eingeknöpft, dauert der Trocknungsprozess von Jacke und Hose deutlich länger. Dabei ist die Membran selbst bereits nach wenigen Minuten wieder so trocken, dass sie auch problemlos zusammengepackt im Koffer verschwinden könnte.

Fazit nach den etwa 5000 Testkilometern auf der Via Slavica:

Die Rukka „Airoad“ ist ein zwar nicht günstiger aber äußerst zuverlässiger, bequemer und angenehmer Reisebegleiter mit Stärken im Hochsommerbetrieb ohne Membran sowie absolut wasserdicht im Regenbetrieb mit Membran. Einer gesonderten Regenkombi, die zusätzlichen Stauraum einnimmt und die unter Motorradfahrern bekannten weiteren Probleme mit sich bringt, bedarf es mit der „Airoad“ nicht mehr!

Erstaunlich ist die Einsatzfähigkeit der „Airoad“ auch fernab hochsommerlichen Temperaturen zumindest bis etwa 10 Grad. Unterhalb dieser Temperaturen habe ich sie noch nicht getestet.

Wo scheint „noch Luft nach oben“ zu sein? Zunächst ist mir beim Anziehen der Kombi das gleiche aufgefallen wie bei der „Airob“: Mit eingeknüpfter Membran hat man beim Anziehen eine Menge Stoff zu überwinden, bis sich Arme und Beine ihren Weg gebahnt haben. In diesem moment konnt das Gefühl auf, das Innenleben sei ein bis zwei Nummern zu groß für die Außenhülle. Hat man die Sachen erst einmal am Körper, ist davon nichts mehr zu spüren, alles sitzt hervorragend, insbesondere die groß dimensionierten und gut platzierten Protektoren.

Ferner finde ich persönlich unter Sicherheitsaspekten die Farbauswahl zu spartanisch: Die Jacke ist in schwarz oder aber einem dunklen Grauton erhältlich. Beides sind keine Farben, die die passive Sicherheit erhöhen. Und über eine Sommerkombi, die man sich vor allem auch wegen der Luftdurchlässigkeit kauft, möchte man auch nicht so gerne eine Warnweste tragen. Hier wünsche ich mir für die Zukunft die bei anderen Modellen von Rukka schon erhältlichen Farboptionen.

Da diese Kritikpunkte aber im Hinblick auf die anderen überaus positiven Aspekte nur gering ins Gewicht fallen, hat sich die „Airoad“ von Rukka einen Motorrad-Tourer.com Tipp! Verdient.


Dies gilt auch und trotz des recht hohen Anschaffungspreises vor allem für Viel- und Langstreckenfahrer, bei denn sich die Kosten schnell lohnen werden. Für alle anderen kann die gute Verarbeitung und bekannt lange Haltbarkeit der Produkte dieses Herstellers ein Entscheidungsfaktor sein, der die mögliche preisliche Hemmschwelle über die Lebensdauer relativieren kann.



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