Montag, 5. September 2016

Hands up – Winterhandschuhe im Vergleich

Dezember 2012:


Einige hartgesottene Zweiradfans sind auch in den Wintermonaten unterwegs, wenige in dieser Zeit sogar besonders gerne. Aber auch diejenigen von uns, die erst wieder die ersten vorsichtigen Sonnenstrahlen im noch fernen Frühling nutzen, kennen das Problem klammer Finger bei kühlen Temperaturen.


Hier versprechen die Hersteller von Winterhandschuhen Abhilfe und haben zum Teil sogar mehrere Angebote zur Auswahl parat. Bei Preisen, die oftmal die 100-€-Grenze für das Paar deutlich überschreiten, möchte man schon gerne vor dem Kauf wissen, worauf man sich einlässt und was man zu erwarten hat. Daher schauen wir uns mal einige Exemplare etwas genauer an:


Die Teilnehmer:

Der Zubehörhändler Louis schickt mit dem passenden Modellnamen „Winter“ ein Produkt der Hausmarke Vanucci ins Rennen. Dieses Modell ist nach Herstellerangaben mit folgenden Ausstattungsdetails versehen:


Vanucci® Winter mit mcFit Passform-Technologie

Idealer Tourenhandschuh für kalte Tage, der durch das Primaloft-Futter aber nicht zu dick aufträgt und daher das Griffgefühl für die Lenkerarmaturen nicht beeinträchtigt. Sehr weich im Leder, flauschiges, hautsympathisches Innenfutter, Klimamembran mit mcFit-Verarbeitung - ein Muss für alle Biker, die Ihre Saison gern länger genießen möchten!
Material:
-    Ober- und Unterhand aus Rindleder
-    Fleece-Innenfutter (100% Polyester)
Komfort/Ausstattung:
-    PRIMALOFT® Wärmefutter (65% Polyolefin, 35% Polyester)
-    atmungsaktiv, wind- und wasserdicht durch Klimamembran (100% Polyurethan)
-    einzigartiges Griffgefühl durch mcFit-Verarbeitung (partielle Verklebung von Außenhaut, Membran, Füllung und Futter)
-    Knöchelpolsterung
-    Handballen verstärkt mit SuperFabric® brand material (32% Polyester, 68% Epoxidharz) und Lederdopplung
-    hohe Beweglichkeit trotz dicker Fütterung durch großzügige Stetch-Einsätze an Fingern, Daumen und Handrücken
-    3D Komfortdaumen
-    Reflexeinsätze
-    Stulpenweite einstellbar durch Kordelzug
-    Klettriegel am Handgelenk zur Weitenverstellung
Der Preis für dieses Modell liegt bei knapp 120 Euro.




Der Mitbewerber von Polo stellt für den anstehenden Test sogar drei Modelle zur Verfügung:


reusch Nordkap

Ausstattung & Komfort
-   Gore-Tex® Membran, wasserdicht, winddicht und atmungsaktiv
-   komplett aus hochwertigem, wasserabweisendem Leder
-   hochwertiges und effektives Thermofutter mit original Primaloft® Thermo-Isolierung
-   Handknöchel mit Temperfoam-Polsterung
-   Lederdopplung am Handballen
-   Visierwischer und Zeigefinger mit Veloursbesatz
-   Klettverschluss an Handgelenk und Stulpe
-   reflektierende Paspel an der Handaußenkante

Material: Ziegenleder, Futter: 100% Polyester

Der Preis für dieses schwarze Modell in den Größen 8,5 – 10 beträgt knapp 100 Euro.





Thermoboy ARCTIS PCM

Ausstattung & Komfort
-    robuster Leder-Textil-Mix
-    SympaTex® Membran, wasserdicht, winddicht und atmungsaktiv
-    hoch effektive und angenehme Schoeller®-PCM-Hightech-Thermoisolierung
-    zusätzliche Windschutzinnenstulpe
-    Reflexmaterial auf Hand- und Fingerrücken
-    Materialdopplungen und Polsterungen
-    Visierwischer, Zeigefinger mit Veloursbesatz als zusätzlichem Visierwischer
-    Handgelenk mit Klettverschluss, Gummizug an Stulpe

Material: Ziegenleder, Textilanteil aus 100% Polyester, Thermofutter: 100% Polyester mit Schoeller PCM Thermoisolierung
Mit etwa 70 Euro unterschreitet dieses in den Größen 7 – 11 erhältliche Modell den Durchschnittspreis der übrigen Teilnehmer bereits.





Thermoboy Chill 3-Finger

Die traditionelle Schweinepfote, der Winterspezialist für warme, trockene und bewegliche Finger.
-    wasserdicht, winddicht und atmungsaktiv
-    robuster Materialmix, Innenhand aus Leder
-    hochwertiges und hoch effektives original Thermolite® Thermofutter
-    Reflexmaterial auf Handrücken
-    Klettverschluss am Handgelenk, Zuggummiband am Stulpenende

Außenmaterial: Ripstop (100% Polyester), Ziegenleder, Futter: Bemberg (100% Polyester)

Mit sogar nur etwa 40 Euro ist dieses in den Größen 8,5 – 10 erhältliche Modell der Preisbrecher im Test.





Vom niederländischen Spezialisten REV`IT erreichte uns der Fusion GTX mit folgenden Merkmalen:

ERGONOMIE
-    Passform
-    Tour-Passform
-    Merkmale
-    normale Stulpe
-    Thermolite® Plus mit Exkin® Platinum®
-    elastisch am Handgelenk
-    Stretcheinsätze an den Fingern
-    Visierwischer
-    Verstellmöglichkeiten
-    einstellbarer Verschluss an der Stulpe
-    einstellbarer Riemen am Handgelenk

SCHUTZ
-    Futter
-    Push-Pull-Triple-Fleece-Futter
-    Sichtbarkeit
-    laminierte Reflektoren an der Stulpe
-    Wasserdichtigkeit & Atmungsaktivität
-    GORE-TEX® Membran
-    Schutz
-    EVA Schaum am Kleinen Finger, Daumen und am Handballen
-    PWR|Aramide an der Handfläche
-    Dual-comp Handflächenschleifer
-    Temperfoam® an Fingern, Knöcheln und der Stulpe
-    Oberstoff
-    Pittards® Ziegenleder Armortan® WR100X
-    Ziegenleder mit WR-Finish
-    PWR|shell 500D Stretch
-    Veloursleder mit WR-Finish
-    PWR|shell 500D
-    Isolierung
-    High-loft Pelzfutter

Preislich schlägt dieses Modell mit etwa 130 Euro zu Buche.



Auch der finnische Anbieter Rukka hat drei Modelle für diesen Test zugesichert:


Rukka Lobster

Vollkommen wasserdichte, winddichte und atmungsaktive Gore-Tex Handschuhe
Textilhandschuh mit Lederbesatz in der Handfläche
4 Finger System und wärmeisolierend durch Fleece Innenfütterung
Kahnbeinschutz durch angenehmen PVC/Carbon
Einsatz Visierwischer auf der linken Hand

In den Größen 7 – 13 erhältlich werden beim Kauf etwa 100 Euro fällig.



Rukka Mars

- Gore-Tex Leder-Tourenhandschuh für kalte Temperaturen
- 100% dauerhaft wasserdicht/winddicht und atmungsaktiv
- Wärmeisolierend durch Fleece-Material im Handschuh
- Durch leichte Wattierung besonders warm für kühlere Fahrbedingungen

Etwa 120 Euro sind für den in den Größen 6 – 13 erhältichen Handschuh zu berappen.



Rukka R-Star

Vollkommen wasserdichte, winddichte und atmungsaktive Gore-Tex Handschuhe
Voll-Leder Handschuhe
2 in 1 Technik
Fleece Futter
Besondere Wärmeisolierung für kalte Temperaturen durch leichte Wattierung
Knöchelschutz aus Carbon
Kahnbeinschutz durch Superfabric Material
Visierwischer auf der linken Hand
Mit etwa 170 Euro stellt dieses in den Größen 7 – 14 erhältliche Modell bislang die preisliche Spitze des Testfeldes dar.



Knapp 50 Euro wechseln für das Modell Colorado von Germot den Besitzer:







Ausstattung:
wasserdicht, winddicht, atmungsaktiv durch GE.pro.TEX Klimamembrane
Thermo-Tex
Fingerstretch
Oberhandverstärkung
reflektierendes Material
Klettverschluss, Gummizug.
Obermaterial: 35% Leder, 65% Polyamid
Futter: 100% Polyester


Auch IXS stellt sich dem Vergleich und zwei Modelle zur Verfügung:


X-GTX POLARIS EVO
Winter-Handschuh aus Goatskin-Leder/Textil Mix
  • GORE-TEX® Membrane mit Tri-Fleece Innenfutter
  • Dexfil® Isolation
  • Innenhand aus Leder mit Lederaufdoppelungen
  • Knöchelpolsterung
  • Lederaufdoppelung am kleinen Finger
  • Fingerstretch
  • Verstellbarer Handgelenkstretch mit Klettverschluss
  • Weitenverstellbarer Stulpen mit Klettverschluss
  • Handgelenkpolsterung
Größen: XS - 5XL
Material: Obermaterial: 45% Leder, 50% Polyamid, 5% Polyurethan
Z-Liner: 100% PTFE
Futter: 100% Polyester
zum Preis von etwa 85 Euro.



iXS Oregon Motorrad-Winterhandschuh


Winterhandschuh aus Goatskin-Leder

  • soltoTEX® Membrane
  • Tri-Fleece Innenfutter
  • Innenhand aus Leder
  • Thinsulate® Isolation
  • MCfit Technologie für verbesserte Griffigkeit
  • Daumenspann und Handballen mit Lederaufdoppelungen
  • Scheibenwischer am linken Daumen
  • Handgelenkstretch mit Klettversteller
  • Stulpen weitenverstellbar mit Gummizug
in den Größen XL - 5XL zum Preis von etwa 70 Euro erhältlich.


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Während sich noch bis Anfang Januar 2013 herausstellen wird, ob und ggf. welche weiteren Anbieter sich mit welchen Modellen dem Vergleich stellen, kann bei passendem Wetter schon die eine oder andere Testrunde gedreht werden, um die Unterschiede zwischen den Teilnehmern, Ihre Stärken und Schwächen zu ermitteln.


Der praktischen Test der meisten Handschuhe konnte dann Anfang Februar erfolgen, nachdem der bis dahin liegende Schnee fast vollständig verschwunden und die Straßen damit wieder ungefährlich befahrbar waren. Nachdem schon im Dezember mit den Modellen „Winter“ von Vanucci und „Fusion GTX Pro“ von REV`IT die ersten Kilometer zurückgelegt wurden, sollten die übrigen Teilnehmer nun bei Temperaturen um den Gefrierpunkt ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen. Die Vorbereitungen zur Testfahrt werden im folgenden Video gezeigt:

{youtube}gFO7sULW68s{/youtube}




Die Empfehlung, dass man Handschuhe am besten dann kauft, wenn man sie zuvor in Verbindung mit der eigenen Motorradjacke anprobiert hat, trifft in meinem Fall besonders zu: Meine Jacke Rukka ARMAS verfügt über eine seltene Ausgestaltung der Ärmel. Öffnet man den Reißverschluss am Ende der Ärmel, findet man dort ein zusätzliches, innen in die Ärmel eingenähtes Stück Stoff, das mit einem Gummizug als Bündchen den Unterarm umschließt. Diese Besonderheit führt dazu, dass Handschuhe quasi zwischen dieses Bündchen und den eigentlichen Ärmel gezogen werden. Durch den überlappenden Außenärmel kann im Falle eines Regenschauers kein Wasser in die Handschuhe laufen. Andererseits verhindert das wiederum unter dem Handschuh befindliche und mit dem Außenärmel vernähte Innenfutter wirksam das Eindringen des Fahrtwindes in den Ärmel. Für Handschuhe mit ausladenden und/oder kräftig gepolsterten Stulpen kann dies wiederum zu einem Problem werden.


Zum Auftakt war das Modell „Mars“ von Rukka gefordert. Um auf der vorgesehenen Tour in den Oderbruch einigermaßen flott das Stadtgebiet Berlins verlassen zu können, standen einige Kilometer auf der legendären AVUS, der früheren Rennstrecke der Hauptstadt, sowie der Stadtautobahn an.


Mit sehr guter Passform, angenehmem Innenfutter und einem dadurch leichten Anziehen zeigten sie auf der Strecke keine Schwäche. Wie auch nicht anders zu erwarten, harmonierten Handschuhe und Jacke des gleichen Herstellers auch im Hinblick auf die eingangs beschriebene Besonderheit der Ärmel bestens. Die Hände blieben angenehm warm und es war auch keinerlei Fahrtwind zu spüren. Sowohl Lenkergriffe als auch Blinker-Knöpfe etc. ließen sich Dank des weichen aber griffigen Materials an den Handinnenseiten sowie der insgesamt guten Passform problemlos bedienen. Auch die Bedienung des Navi-Displays (zumo 550) funktionierte sicher und ohne Fehlfunktion. Insgesamt stellte sich das Gefühl ein, in diesen Handschuhen „zuhause zu sein“.


Ganz anders war dann die Situation nach dem ersten Wechsel. Jetzt sollte der Themoboy „Arctic PCM“ zum Einsatz kommen. Bereits beim Anziehen spürte ich zwei Dinge: Zum einen war das Material insgesamt deutlich steifer, die Handschuhe wirkten weniger flexibel. Da wurde auch die Unterbringung der Handschuhe mit ihren relativ langen Stulpen unter den Außenärmeln meiner Jacke zu einem echten Kraftakt – für mich wie auch für die Reißverschlüsse an den Jackenärmeln... Zum anderen war das Material an den Handinnenseiten sehr glatt. Und was sich zunächst angenehm weich anfühlte, entpuppte sich schnell als Problem:


Die Handschuhe waren damit auch am Lenker rutschig und es war schwierig, den Lenker richtig „im Griff“ zu behalten. Wegen der rutschigen Oberfläche hätte man gern etwas fester zugegriffen, auch wenn das auf Dauer anstrengend sein dürfte. Die Steifigkeit des gesamten Handschuhs verhinderte das aber, so dass man sich ganz schnell unsicher unterwegs fühlte. Zum Glück nutze ich ein kleines Tool am Gasgriff, das es mir ermöglichte, die Temporegulierung über leichte Bewegungen im auf dieses Tool aufgestützten Handgelenk vorzunehmen, ohne den Gasgriff umklammern zu müssen.


An ein Bedienen des Navi-Displays war nicht zu denken, weil die Festigkeit des Materials zwar einen guten Druckpunkt hätte ermöglichen könnte, aber die Passform wiederum nicht so perfekt war, als dass die Fingerspitzen auch wirklich punktgenau in den Handschuhen untergebracht gewesen wären. Damit war eine Platzierung und Dosierung des bedienenden Fingers auf dem Display kaum möglich.

Zeitgleich mit dem einhergehenden Missempfinden setzte auch schon nach kurzer Zeit zunehmende Kälte an allen Fingern ein. Damit fanden sich die „Arctic PCM“ von Thermoboy in mehreren Praxisdisziplinen am unteren Ende des Rankings ein und der Wechsel zum nächsten Modell erfolgte zügiger als erwartet.


Als nächster Kandidat trat der IXS „X-GTX Polaris Evo“ an. Diese Modell hatte es nun etwas schwieriger, nachdem die Finger bereits ein wenig unterkühlt waren. Immerhin gestaltet sich das Anziehen weitgehend unproblematisch, da das Material auch wieder deutlich weicher und flexibler ist. Die Unterbringung der Stulpen unter den Jackenärmeln ging besser als bei der Länge der Stulpen erwartet.


Auch die Bedienung der Blinker und des Gasgriffs funktionierte gut, das Navi-Display reagierte nicht auf jeden Antipp-Versuch, aber doch überwiegend. Überhaupt wirkte er insgesamt irgendwie unspektakulär, machte nichts falsch ohne an irgendeiner Stelle deutlich aufzufallen und herauszuragen. Und immerhin wurden die Finger nicht kälter, er schaffte es also, die Temperatur ganz gut zu halten.


Als mich die Teststrecke dann aber nach einigen Kilometern in eine noch etwas kühlere Region mit am Straßenrand noch immer liegenden Schneefeldern führte und das leichte Kribbeln in den Fingern nicht aufhören mochte, stand der nächste Wechsel an.


Sogenannte Drei-Finger-Handschuhe, die als Mittelding zwischen für das Motorrad untauglichen Fäustlingen und den üblichen Fingerhandschuhen neben dem Daumen jeweils zwei Kammern für Zeige- und Mittelfinger sowie für Ring- und kleinem Finger bereitstellen, sollen für besonders kalte Temperaturen geeignet sein. Nun war der richtige Zeitpunkt, dieser Aussage auf den Grund zu gehen und zu prüfen, ob der „Chill 3 Finger“ von Thermoboy seinen Job besser erledigen würde als sein oben beschriebener „Stallgefährte“.

Zunächst war es schon eine Umstellung, jeweils zwei Finger in einer Kammer gemeinsam untergebracht zu haben und dadurch ein wenig in der Beweglichkeit eingeschränkt zu sein. Dabei ging es weniger um die eigentlichen Bewegungen, die man zum Motorradfahren benötigt (Bremsen, Kuppeln, Gas geben, Blinken). Aber die Bedienung des Navi-Displays funktioniert einfach nicht, wenn zwei Finger derart miteinander verbunden sind.


Das Anziehen erfolgte durchaus chillig: Leicht ließ sich dieses Modell überstreifen. Auch die recht langen und voluminös aussehenden Stulpen konnten problemlos unter den Jackenärmeln untergebracht werden, wenn man das möchte und die Enden mit den vorhandenen Kordeln etwas zusammenzog. Sie sind aber auch ausreichend dimensioniert, um sie über die Jackenärmel zu ziehen.

Die Handinnenflächen fanden sofort den nötigen Grip am Lenker. Insgesamt wirkten die Handschuhe, die ja nun auch schon einige Zeit auf der Testfahrt in den Koffern meines Motorrad mitgeführt werden und dementsprechend ausgekühlt waren, so, als ob ihnen Kälte nichts anhaben könnte. Und tatsächlich, es dauerte nur wenige Minuten, bis sich die ausgekühlten Finger auch während der Fahrt sogar wieder erwärmten. Unnötig zu erwähnen, dass natürlich während der gesamten Testfahrt die Heizgriffe meines Reisedampfers absolut tabu waren und definitiv nicht eingeschaltet wurden.

Was soll ich sagen: Die Finger und Hände wurden wie gesagt wieder warm und blieben es auch, die Bedienung am Motorrad war gut und ich musste mich irgendwann wirklich aufraffen, nicht mehr als Mr. Spock durch die Gegend zu fahren, sondern dem nächsten Testkandidaten eine Chance zu geben.


Um mir die Entscheidung etwas leichter zu machen, suchte ich mir das Reusch-Modell heraus, das mir nach dem Motto „nomen est omen“ und seiner Bezeichnung „Nordkap“ Mut machte. Schon beim ersten Anfassen fiel das angenehm weiche Obermaterial auf, das aber nicht glatt ist, sondern fast ein wenig wie angeraut wirkt. Nach dem bequemen Anziehen passte dieses Modell bei mir wie angegossen und fühlte sich gleich richtig gut an. Es gab auch keinerlei Schwierigkeiten, die nicht all zu ausladenden Stulpen dieses Modells in den Ärmeln meiner Jacke unterzubringen.


Mittlerweile am deutsch-polnischen Grenzfluss Oder angekommen kam sofort Lust auf, sich auf den Weg zum Namensgeber dieses Modells zu machen. Perfekte Bedienung der Motorrad- und auch Navi-Funktionen komplettierten den perfekten Eindruck. Die Finger blieben auf den folgenden Kilometern auch angenehm warm. Kurzum: Es gab nichts, was ich irgendwie kritisieren könnte.


So machte ich mich dann schweren Herzens daran, mich meinem „Sorgenkind“ zu widmen: Das Modell „Oregon“ von IXS schien in dem großen Testfeld irgendwie auf verlorenem Posten zu stehen. Deutlich dünner gefüttert wirkte es eher wie ein Übergangsmodell, das sein Einsatzgebiet irgendwo zwischen 10 und 20 Grad haben dürfte, aber für Temperaturen um den Gefrierpunkt eher unterdimensioniert erschien. Damit insgesamt wesentlich dünner wirkend war auch das Ankleideprocedere völlig unspektakulär und einfach, ebenso die Unterbringung der eher kurzen Stulpen unter den Ärmeln.


Jegliche Bedienungen, egal ob Blinker-Knöpfe, Bremshebel oder Navi-Display, waren erwartungsgemäß unproblematisch, wie man es halt von einem klassischen Alltagshandschuh kennt. Aber nach dem Start wurde von Meter zu Meter, von Kilometer zu Kilometer die Überraschung immer größer: Hatte ich doch erwartet, meine Befürchtungen bereits nach wenigen Minuten bestätigt zu bekommen, belehrten mich die „Oregon“ eines Besseren was ihre Isolierungswirkung anging: Überraschend lange wartete ich vergebens auf das Einsetzen des Kälteempfindens. Irgendwann einmal musste ich dann an den nächsten Modellwechsel denken, um den anderen Teilnehmern auch ihre Chancen einzuräumen. Da setzte dann langsam eine unterschwellige Kühle in den Fingern ein, die aber ein Weiterfahren noch für längere Zeit ermöglicht hätte. Wahrscheinlich sollte man mit diesem Modell tatsächlich bei Temperaturen von unter 5 Grad keine stundenlangen Touren planen, aber der „Oregon“ ist für mich DIE positive Überraschung im Testfeld, weil er auch bei kühlen Temperaturen viel mehr kann, als man ihm zutrauen würde. Chapeau!


Als nächster Kandidat kam wieder ein 3-Finger-Modell zum Einsatz: Rukka gab ihm den passenden Namen „Lobster“. Hier kann ich meine Ausführungen abkürzen, weil alles, was zum „Chill 3 Finger“ von Thermoboy geschrieben wurde, ebenso auf den Lobster zutrifft. Beide unterscheiden sich vor allem durch kleine Features, die Rukka seinem Modell zusätzlich auf den Weg gibt und die man positiv oder negativ bewerten kann: Zum einen sind beim Lobster am linken Zeigefinger sowie am linken Daumen kleine Lippen angebracht, mit denen man sich die Nässe vom Helmvisier abwischen kann. Zum anderen weisen die Handteller beim Lobster Protektoren auf, die im Falle eines Sturzes zusätzliche Sicherheit und eine Verringerung der Verletzungsgefahr vor allem in der medizinisch problematischen Region der Handwurzelknochen ermöglichen soll. Allerdings sind diese Protektoren recht kräftig gestaltet. Das führt dazu, dass die Hände anders an den Lenkergriffen anliegen, sich also die Statik der eigenen Haltung während der Fahrt etwas verändert. Hier empfehle ich unbedingt, vor dem Kauf dieses Modells nicht nur die Anprobe zusammen mit der eigenen Motorradjacke vorzunehmen, sondern sich mit angezogenen Handschuhen auf das eigene Motorrad zu setzen und in sich hinein zu fühlen, wie man damit klar kommt.


Den Wechsel zum nächsten Testkandidaten erwartete ich mit Spannung: Germot hat mit dem Colorado einen der preiswertesten Teilnehmer zur Verfügung gestellt. Bekanntlich kann oder möchte nicht jeder 100 Euro oder mehr für Winterhandschuhe ausgeben; so darf man auf den direkten Vergleich gespannt sein.


Sowohl Textilmaterial am Handrücken als auch der Lederbesatz auf der Handinnenfläche machten einen wertigen Eindruck. Die Handschuhe ließen sich leicht anziehen und passten wunderbar und ohne Probleme unter die Ärmel meiner Jacke. Bei guter Passform war auch die Bedienung am Motorrad unproblematisch. Das Navi-Display ließ sich ebenfalls überwiegend gut bedienen, allerdings nicht immer gleich auf Anhieb. Dazu war der durch die weiche Polsterung etwas eingeschränkte Druckpunkt nicht eindeutig genug. Auch mit diesem Modell konnte ich die folgenden Kilometer zurücklegen, ohne dass Hände bzw. Finger auskühlten. Insgesamt war auch dieses Modell an keiner Stelle wirklich auffällig oder gar spektakulär, weder positiv noch negativ. Jedoch ist das unter Berücksichtigung des äußerst günstigen Preises nicht die schlechteste Voraussetzung, mich überzeugt das Konzept durchaus.


Last not least wartete an diesem Tag noch mit dem R-Star von Rukka das teuerste Modell im Testfeld auf mich. Schon beim Auspacken fiel die aufwändige Verarbeitung mit zahlreichen, unterschiedlichen und zum Teil übereinander platzierten Materialien auf. Die starken Knöchel-Höcker verstärkten die Racer-Optik. Trotz relativ langer Stulpen war es kein Problem, die Handschuhe unter die Jackenärmel zu bekommen. Allein beim Ausziehen fiel auf, dass die Weitenverstellung mit Verschluss am Stulpenende zu komplex und mit Handschuhen kaum bedienbar ist. Hier ist der Reißverschluss einfach zu klein dimensioniert, um sie mit angezogenen Handschuhen gut öffnen oder schließen zu können.


Auffällig ist ferner eine aufwändige Gestaltung des Innenlebens: Rukka stattet den R-Star noch mit einer zusätzlichen Mittelfalte aus. Damit kann man das Futter wahlweise auf der Handinnen- oder Handaußenseite verstärken und damit die wärmende Wirkung erhöhen.


In der Praxis traten die verschiedenen Materialien und Formen an der Handinnenseite nicht nur positiv in Erscheinung, Beim Zupacken am Lenker entstand so eine Faltenbildung, die den direkten Kontakt zum Gasgriff etwas beeinträchtigte. Lag es an der mittlerweile mehr als 6-stündigen Testfahrt und den letzten von etwa 300 gefahrenen Kilometern, dass beide kleinen Finger auskühlten? Schwer zu sagen. Da aber auch die Bedienung am Motorrad sowie des Navi-Displays irgendwie nicht so richtig überzeugend funktionierten, hat sich dieses Modell nicht zuletzt auch unter Berücksichtigung seines hohen Preises bei mir nicht in eine Favoritenrolle spielen können.


Bereits im Dezember und damit vor dem Schneeeinbruch konnte ich die Modelle „Winter“ von Vanucci und „Fusion GTX“ von REV`IT ebenfalls bei Temperaturen rund um den Gefrierpunkt ausgiebig Probe fahren. Dabei fiel beim Vanucci-Modell auf, dass das etwas steif wirkende Material das Anziehen erschwert. Hat man diese Prozedur dann aber hinter sich gebracht, verfügt der „Winter“ über eine recht angenehme Passform, die auch ein Gutes Bedienen von Gashahn und Bedienungsknöpfen ermöglichte. Das Navi-Display benötigte manchmal mehr als einen Drücker, um den durch das gepolsterte Handschuhmaterial etwas gedämpft ankommenden Befehl auch auszuführen. Der Handschuh hielt gut warm und präsentierte sich so als ein funktionales Modell.


Sein holländischer Kollege „Fusion GTX“ von REV`IT dagegen ließ sich spielend leicht über die Hände ziehen und unter den Ärmeln platzieren. Auch die Bedienungselemente am Motorrad sowie das Navi-Display waren infolge der recht guten Passform entsprechend gut zu betätigen. Leider setzte hier doch relativ früh ein gewisses Kälteempfinden ein, dass man nach dem guten und dicken Eindruck der Handschuhpolsterung nicht unbedingt erwartet hätte.

Eine Frage aber war bis dahin bei allen Modellen noch nicht beantwortet: Wie ist es um die Wasserdichtigkeit im Testfeld bestellt?

Einige der Modelle sind mit Goretex-Material ausgestattet, so dass bei fachgerechter Verarbeitung auch keine Wassereinbrüche zu erwarten sein dürften. Daneben gibt es mit Vanuccis „Winter“, dem „Arctis PCM“ von Thermoboy sowie dem Chill 3 Finger des gleichen Herstellers und dem Colorado von Germot mehrere Modelle, bei denen die Hersteller auch ohne Verwendung von Goretex die Wasserdichtigkeit zusicherten. Allein beim Oregon von IXS gibt es keine Herstellerangabe zur Wasserdichtigkeit.

{youtube}lgm-6IrAyMY{/youtube}

Um dieser Fähigkeit auf den Grund zu gehen, galt es für die Teilnehmer, einen in diesem Video dokumentierten besonders intensiven Testpart zu überstehen: Jeder Handschuh wurde dergestalt präpariert, dass knapp fingerdicke Stäbe mit handelsüblichen Haushaltstüchern umwickelt in den Handschuhfingern platziert wurden. Außerdem wurde ein ebenfalls in Haushaltspapier eingewickelter Tennisball in der jeweiligen Handfläche platziert. Anschließend fand ein video-dokumentierter 10minütiger Tauchgang aller Testteilnehmer in Wasser statt, bei dem sich zeigen sollte, ob und ggf. an welchen Stellen bei diesem Extremtest Wasser in die Handschuhe eingedrungen ist: Das saugfähige Haushaltspapier versprach, auch kleine Mengen eintretender Flüssigkeit aufzusaugen und beim Herausziehen aus dem Handschuh überprüfbar zu belegen. Durch Fixierung der eingetauchten Handschuhe an einem entsprechenden Gewicht wurde ein Aufschwimmen der Testteilnehmer wirksam verhindert und gleiche Bedingungen für alle Tauchgänge gewährleistet.


Im Ergebnis ist festzuhalten, dass keiner der Goretex-Vertreter im Tauchbad gepatzt hat. Alle drei Modelle von Rukka, das Modell „Nordkap“ von Reusch, der „Fusion GTX“ von REV`IT, der „X-GTX Polaris Evo“ von IXS bestanden den Wasserdichtigkeitstest mit Bravour und garantieren ihren Besitzern auch auf nassen Ausfahrten trockene Finger.

Aber auch die ohne Goretex auskommenden Modelle von Vanucci und Germot haben das Tauchbad schadlos überstanden: An keiner Stelle wiesen die präparierten Handschuhe Hinweise auf eindringende Feuchtigkeit auf, die Hände können somit auch in diesen Modellen trocken bleiben. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass sich aber das Außenmaterial des „Colorado“ von Germot stärker mit Wasser vollgesogen hat, als dies bei den anderen wasserdichten Modellen der Fall war. Damit ist im Falle einer regenreichen Etappe bei diesem Modell damit zu rechnen, dass die Hände und Finger zwar trocken bleiben, die Handschuhe im Laufe der Zeit aber deutlich schwerer werden und die Gefahr vermehrter Auskühlung durch den Verdunstungseffekt im Fahrtwind besteht.


In unserem Extremtest sind aber beide Modelle des Herstellers Thermoboy trotz vom Hersteller zugesicherter Wasserdichtigkeit durchgefallen. Sowohl beim „Chill 3 Finger“ als auch beim „Arctis PCM“ waren am vierten bzw. fünften Finger zum Teil sehr deutliche Wassereinbrüche festzustellen, beim „Arctis PCM“ zusätzlich auch im Bereich der Handkante.

Und wie hat diesen Test das nicht als wasserdicht angepriesene Modell „Oregon“ von IXS überstanden? Wie auch schon in Sachen Wärmeisolierung während des Praxistests wusste dieses Modell auch hier famos zu überraschen: Keinerlei Feuchtigkeitseinbruch war nach Beendigung des zehnminütigen Tauchgangs zu verzeichnen! Was für eine Überraschung!

Damit wird es Zeit für ein Fazit zu diesem breit angelegten Vergleichstest von Winterhandschuhen:

Mit einem Kaufpreis von etwa 70 Euro und Leistungen, die die Testerwartungen sowohl in Sachen Klimakomfort als auch sogar im Hinblick auf Wasserdichtigkeit deutlich übertrafen, ist IXS mit dem „Oregon“ ein echter Überraschungscoup gelungen. Irgendwie Underdog und Wunderknabe in einem, wusste er in den verschiedenen Testabschnitten immer wieder ein anerkennendes Grinsen in das Gesicht des Testers zu zaubern. Wer auf seinen langen Touren noch etwas oberhalb der Null-Grad-Grenze bleiben wird, kann sich bei diesem Modell Dank kleinvolumigen Futters über einen äußerst handlichen, fast schon dünn wirkenden aber funktionsfähigen und preislich attraktiven Allrounder freuen.

Wer dagegen vorhat, den Gefrierpunkt auch mal deutlich zu unterschreiten, kommt an den wärmsten Modellen im Test kaum vorbei: das sind die beiden 3-Finger-Modelle von Rukka „Lobster“ und Thermoboy „Chill 3 Finger“. Während der „Lobster“ in allen Disziplinen (mit Ausnahme der konstruktionsbedingten Einschränkungen auf den Navi-Displays) mit besten Ergebnissen aufwartete und zusätzlich auch durch qualitativ hochwertige Protektoren auf der Handinnenseite das Thema Sicherheit nicht vernachlässigt, erfordert er eine Investition von etwa 100 Euro. Das mit nur etwa 40 Euro deutlich günstigere Modell „Chill 3 Finger“ steht dem Rukka in Sachen Wärmeisolierung nicht nach, weist aber in Sachen Wasserdichtigkeit erhebliche Defizite auf und verfügt über einen geringeren Unfallschutz auf der Handinnenseite.

Schnäppchenjäger werden Germots „Colorado“ im Blick haben. Für knapp 50 Euro können sie einen Handschuh bekommen, der auch bei kühlen Temperaturen für warme Finger und auf nassen Touren für trockene Finger sorgt. Im Kreis der zum Teil deutlich teureren Kandidaten hat sich dieses Modell prima geschlagen.

Meine persönlichen Favoriten sind die Modelle „Nordkap“ von Reusch und „Mars“ von Rukka. Mit etwa 100 bzw. 120 Euro liegen sie zwar im mittleren bzw. gehobenen Preissegment, glänzten aber mit sehr guter Wärmeisolierung, bequemem Tragekomfort und guter Bedienungsfähigkeit sowie vollständiger Wasserdichtigkeit. Tendenziell wirkt der „Nordkap“ etwas kräftiger gefüttert, vielleicht noch etwas wärmer, dafür der „Mars“ noch etwas tauglicher in Sachen Fingerspitzengefühl.

Rukkas „R-Star“ dürfte Technik-Freunde und Racer ansprechen. Mit seinem aufwändigen, mehrlagigen Aufbau, der zusätzlichen Mittelfalte innen im Handschuh und seinen deutlichen Knöchelschützern wird sein hoher Kaufpreis von knapp 170 Euro gerechtfertigt werden. Aber trotz einwandfreiem Testverlauf konnte er meine beiden Favoriten in keinem Bereich übertreffen.

Die Modelle „Fusion GTX“ von REV`IT, „Winter“ von Vanucci und „X-GTX Polaris Evo“ haben in keiner Testphase Schwächen offenbart. Allerdings ist bei mir auch anders als bei meinen Favoriten nicht wirklich „ein Funke übergesprungen“.

Enttäuscht war ich dagegen von Thermoboys „Arctis PCM“, der weder bei der Wärmeisolierung noch beim Tragekomfort und auch nicht bei der Wasserdichtigkeit überzeugen konnte. Und auch wenn er mit nur knapp 70 Euro dem preisgünstigen Testfeld zuzuordnen ist, würde ich mich eher im restlichen Testfeld nach einem überzeugenden Partner für künftige winterliche Ausfahrten umsehen.


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