Einige hartgesottene Zweiradfans sind auch in den Wintermonaten unterwegs, wenige in dieser Zeit sogar besonders gerne. Aber auch diejenigen von uns, die erst wieder die ersten vorsichtigen Sonnenstrahlen im noch fernen Frühling nutzen, kennen das Problem klammer Finger bei kühlen Temperaturen.
Hier versprechen die Hersteller von Winterhandschuhen Abhilfe und haben zum Teil sogar mehrere Angebote zur Auswahl parat. Bei Preisen, die oftmal die 100-€-Grenze für das Paar deutlich überschreiten, möchte man schon gerne vor dem Kauf wissen, worauf man sich einlässt und was man zu erwarten hat. Daher schauen wir uns mal einige Exemplare etwas genauer an:
Die Teilnehmer:
Der Zubehörhändler Louis schickt mit dem passenden Modellnamen „Winter“ ein Produkt der Hausmarke Vanucci ins Rennen. Dieses Modell ist nach Herstellerangaben mit folgenden Ausstattungsdetails versehen:
Vanucci® Winter mit mcFit Passform-Technologie
Idealer Tourenhandschuh für kalte Tage, der durch das Primaloft-Futter aber nicht zu dick aufträgt und daher das Griffgefühl für die Lenkerarmaturen nicht beeinträchtigt. Sehr weich im Leder, flauschiges, hautsympathisches Innenfutter, Klimamembran mit mcFit-Verarbeitung - ein Muss für alle Biker, die Ihre Saison gern länger genießen möchten!
Material:
- Ober- und Unterhand aus Rindleder
- Fleece-Innenfutter (100% Polyester)
Komfort/Ausstattung:
- PRIMALOFT® Wärmefutter (65% Polyolefin, 35% Polyester)
- atmungsaktiv, wind- und wasserdicht durch Klimamembran (100% Polyurethan)
- einzigartiges Griffgefühl durch mcFit-Verarbeitung (partielle Verklebung von Außenhaut, Membran, Füllung und Futter)
- Knöchelpolsterung
- Handballen verstärkt mit SuperFabric® brand material (32% Polyester, 68% Epoxidharz) und Lederdopplung
- hohe Beweglichkeit trotz dicker Fütterung durch großzügige Stetch-Einsätze an Fingern, Daumen und Handrücken
- 3D Komfortdaumen
- Reflexeinsätze
- Stulpenweite einstellbar durch Kordelzug
- Klettriegel am Handgelenk zur Weitenverstellung
Der Preis für dieses Modell liegt bei knapp 120 Euro.
Der Mitbewerber von Polo stellt für den anstehenden Test sogar drei Modelle zur Verfügung:
reusch Nordkap
Ausstattung & Komfort
- Gore-Tex® Membran, wasserdicht, winddicht und atmungsaktiv
- komplett aus hochwertigem, wasserabweisendem Leder
- hochwertiges und effektives Thermofutter mit original Primaloft® Thermo-Isolierung
- Handknöchel mit Temperfoam-Polsterung
- Lederdopplung am Handballen
- Visierwischer und Zeigefinger mit Veloursbesatz
- Klettverschluss an Handgelenk und Stulpe
- reflektierende Paspel an der Handaußenkante
Material: Ziegenleder, Futter: 100% Polyester
Der Preis für dieses schwarze Modell in den Größen 8,5 – 10 beträgt knapp 100 Euro.
Thermoboy ARCTIS PCM
Ausstattung & Komfort
- robuster Leder-Textil-Mix
- SympaTex® Membran, wasserdicht, winddicht und atmungsaktiv
- hoch effektive und angenehme Schoeller®-PCM-Hightech-Thermoisolierung
- zusätzliche Windschutzinnenstulpe
- Reflexmaterial auf Hand- und Fingerrücken
- Materialdopplungen und Polsterungen
- Visierwischer, Zeigefinger mit Veloursbesatz als zusätzlichem Visierwischer
- Handgelenk mit Klettverschluss, Gummizug an Stulpe
Material: Ziegenleder, Textilanteil aus 100% Polyester, Thermofutter: 100% Polyester mit Schoeller PCM Thermoisolierung
Mit etwa 70 Euro unterschreitet dieses in den Größen 7 – 11 erhältliche Modell den Durchschnittspreis der übrigen Teilnehmer bereits.
Thermoboy Chill 3-Finger
Die traditionelle Schweinepfote, der Winterspezialist für warme, trockene und bewegliche Finger.
- wasserdicht, winddicht und atmungsaktiv
- robuster Materialmix, Innenhand aus Leder
- hochwertiges und hoch effektives original Thermolite® Thermofutter
- Reflexmaterial auf Handrücken
- Klettverschluss am Handgelenk, Zuggummiband am Stulpenende
Außenmaterial: Ripstop (100% Polyester), Ziegenleder, Futter: Bemberg (100% Polyester)
Mit sogar nur etwa 40 Euro ist dieses in den Größen 8,5 – 10 erhältliche Modell der Preisbrecher im Test.
Vom niederländischen Spezialisten REV`IT erreichte uns der Fusion GTX mit folgenden Merkmalen:
ERGONOMIE
- Passform
- Tour-Passform
- Merkmale
- normale Stulpe
- Thermolite® Plus mit Exkin® Platinum®
- elastisch am Handgelenk
- Stretcheinsätze an den Fingern
- Visierwischer
- Verstellmöglichkeiten
- einstellbarer Verschluss an der Stulpe
- einstellbarer Riemen am Handgelenk
SCHUTZ
- Futter
- Push-Pull-Triple-Fleece-Futter
- Sichtbarkeit
- laminierte Reflektoren an der Stulpe
- Wasserdichtigkeit & Atmungsaktivität
- GORE-TEX® Membran
- Schutz
- EVA Schaum am Kleinen Finger, Daumen und am Handballen
- PWR|Aramide an der Handfläche
- Dual-comp Handflächenschleifer
- Temperfoam® an Fingern, Knöcheln und der Stulpe
- Oberstoff
- Pittards® Ziegenleder Armortan® WR100X
- Ziegenleder mit WR-Finish
- PWR|shell 500D Stretch
- Veloursleder mit WR-Finish
- PWR|shell 500D
- Isolierung
- High-loft Pelzfutter
Preislich schlägt dieses Modell mit etwa 130 Euro zu Buche.
Auch der finnische Anbieter Rukka hat drei Modelle für diesen Test zugesichert:
Rukka Lobster
Vollkommen wasserdichte, winddichte und atmungsaktive Gore-Tex Handschuhe
Textilhandschuh mit Lederbesatz in der Handfläche
4 Finger System und wärmeisolierend durch Fleece Innenfütterung
Kahnbeinschutz durch angenehmen PVC/Carbon
Einsatz Visierwischer auf der linken Hand
In den Größen 7 – 13 erhältlich werden beim Kauf etwa 100 Euro fällig.
Rukka Mars
- Gore-Tex Leder-Tourenhandschuh für kalte Temperaturen
- 100% dauerhaft wasserdicht/winddicht und atmungsaktiv
- Wärmeisolierend durch Fleece-Material im Handschuh
- Durch leichte Wattierung besonders warm für kühlere Fahrbedingungen
Etwa 120 Euro sind für den in den Größen 6 – 13 erhältichen Handschuh zu berappen.
Rukka R-Star
Vollkommen wasserdichte, winddichte und atmungsaktive Gore-Tex Handschuhe
Voll-Leder Handschuhe
2 in 1 Technik
Fleece Futter
Besondere Wärmeisolierung für kalte Temperaturen durch leichte Wattierung
Knöchelschutz aus Carbon
Kahnbeinschutz durch Superfabric Material
Visierwischer auf der linken Hand
Mit etwa 170 Euro stellt dieses in den Größen 7 – 14 erhältliche Modell bislang die preisliche Spitze des Testfeldes dar.
Knapp 50 Euro wechseln für das Modell Colorado von Germot den Besitzer:
wasserdicht, winddicht, atmungsaktiv durch GE.pro.TEX Klimamembrane
Thermo-Tex
Fingerstretch
Oberhandverstärkung
reflektierendes Material
Klettverschluss, Gummizug.
Obermaterial: 35% Leder, 65% Polyamid
Futter: 100% Polyester
Auch IXS stellt sich dem Vergleich und zwei Modelle zur Verfügung:
X-GTX POLARIS EVO
Winter-Handschuh aus Goatskin-Leder/Textil Mix
Material: Obermaterial: 45% Leder, 50% Polyamid, 5% Polyurethan
Z-Liner: 100% PTFE
Futter: 100% Polyester
zum Preis von etwa 85 Euro.
Winterhandschuh aus Goatskin-Leder
Winter-Handschuh aus Goatskin-Leder/Textil Mix
- GORE-TEX® Membrane mit Tri-Fleece Innenfutter
- Dexfil® Isolation
- Innenhand aus Leder mit Lederaufdoppelungen
- Knöchelpolsterung
- Lederaufdoppelung am kleinen Finger
- Fingerstretch
- Verstellbarer Handgelenkstretch mit Klettverschluss
- Weitenverstellbarer Stulpen mit Klettverschluss
- Handgelenkpolsterung
Material: Obermaterial: 45% Leder, 50% Polyamid, 5% Polyurethan
Z-Liner: 100% PTFE
Futter: 100% Polyester
zum Preis von etwa 85 Euro.
iXS Oregon Motorrad-Winterhandschuh
Winterhandschuh aus Goatskin-Leder
- soltoTEX® Membrane
- Tri-Fleece Innenfutter
- Innenhand aus Leder
- Thinsulate® Isolation
- MCfit Technologie für verbesserte Griffigkeit
- Daumenspann und Handballen mit Lederaufdoppelungen
- Scheibenwischer am linken Daumen
- Handgelenkstretch mit Klettversteller
- Stulpen weitenverstellbar mit Gummizug
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Der
praktischen Test der meisten Handschuhe konnte dann Anfang Februar
erfolgen, nachdem der bis dahin liegende Schnee fast vollständig
verschwunden und die Straßen damit wieder ungefährlich befahrbar waren.
Nachdem schon im Dezember mit den Modellen „Winter“ von Vanucci und
„Fusion GTX Pro“ von REV`IT die ersten Kilometer zurückgelegt wurden,
sollten die übrigen Teilnehmer nun bei Temperaturen um den Gefrierpunkt
ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen. Die Vorbereitungen zur Testfahrt
werden im folgenden Video gezeigt:
{youtube}gFO7sULW68s{/youtube}
Die Empfehlung, dass man Handschuhe am besten dann kauft, wenn man sie zuvor in Verbindung mit der eigenen Motorradjacke anprobiert hat, trifft in meinem Fall besonders zu: Meine Jacke Rukka ARMAS verfügt über eine seltene Ausgestaltung der Ärmel. Öffnet man den Reißverschluss am Ende der Ärmel, findet man dort ein zusätzliches, innen in die Ärmel eingenähtes Stück Stoff, das mit einem Gummizug als Bündchen den Unterarm umschließt. Diese Besonderheit führt dazu, dass Handschuhe quasi zwischen dieses Bündchen und den eigentlichen Ärmel gezogen werden. Durch den überlappenden Außenärmel kann im Falle eines Regenschauers kein Wasser in die Handschuhe laufen. Andererseits verhindert das wiederum unter dem Handschuh befindliche und mit dem Außenärmel vernähte Innenfutter wirksam das Eindringen des Fahrtwindes in den Ärmel. Für Handschuhe mit ausladenden und/oder kräftig gepolsterten Stulpen kann dies wiederum zu einem Problem werden.
Zum
Auftakt war das Modell „Mars“ von Rukka gefordert. Um auf der
vorgesehenen Tour in den Oderbruch einigermaßen flott das Stadtgebiet
Berlins verlassen zu können, standen einige Kilometer auf der legendären
AVUS, der früheren Rennstrecke der Hauptstadt, sowie der Stadtautobahn
an.
Mit
sehr guter Passform, angenehmem Innenfutter und einem dadurch leichten
Anziehen zeigten sie auf der Strecke keine Schwäche. Wie auch nicht
anders zu erwarten, harmonierten Handschuhe und Jacke des gleichen
Herstellers auch im Hinblick auf die eingangs beschriebene Besonderheit
der Ärmel bestens. Die Hände blieben angenehm warm und es war auch
keinerlei Fahrtwind zu spüren. Sowohl Lenkergriffe als auch
Blinker-Knöpfe etc. ließen sich Dank des weichen aber griffigen
Materials an den Handinnenseiten sowie der insgesamt guten Passform
problemlos bedienen. Auch die Bedienung des Navi-Displays (zumo 550)
funktionierte sicher und ohne Fehlfunktion. Insgesamt stellte sich das
Gefühl ein, in diesen Handschuhen „zuhause zu sein“.
Ganz anders war dann die Situation nach dem ersten Wechsel. Jetzt sollte der Themoboy „Arctic PCM“
zum Einsatz kommen. Bereits beim Anziehen spürte ich zwei Dinge: Zum
einen war das Material insgesamt deutlich steifer, die Handschuhe
wirkten weniger flexibel. Da wurde auch die Unterbringung der Handschuhe
mit ihren relativ langen Stulpen unter den Außenärmeln meiner Jacke zu
einem echten Kraftakt – für mich wie auch für die Reißverschlüsse an den
Jackenärmeln... Zum anderen war das Material an den Handinnenseiten
sehr glatt. Und was sich zunächst angenehm weich anfühlte, entpuppte
sich schnell als Problem:
Die
Handschuhe waren damit auch am Lenker rutschig und es war schwierig,
den Lenker richtig „im Griff“ zu behalten. Wegen der rutschigen
Oberfläche hätte man gern etwas fester zugegriffen, auch wenn das auf
Dauer anstrengend sein dürfte. Die Steifigkeit des gesamten Handschuhs
verhinderte das aber, so dass man sich ganz schnell unsicher unterwegs
fühlte. Zum Glück nutze ich ein kleines Tool am Gasgriff, das es mir
ermöglichte, die Temporegulierung über leichte Bewegungen im auf dieses
Tool aufgestützten Handgelenk vorzunehmen, ohne den Gasgriff umklammern
zu müssen.
An
ein Bedienen des Navi-Displays war nicht zu denken, weil die Festigkeit
des Materials zwar einen guten Druckpunkt hätte ermöglichen könnte,
aber die Passform wiederum nicht so perfekt war, als dass die
Fingerspitzen auch wirklich punktgenau in den Handschuhen untergebracht
gewesen wären. Damit war eine Platzierung und Dosierung des bedienenden
Fingers auf dem Display kaum möglich.
Zeitgleich
mit dem einhergehenden Missempfinden setzte auch schon nach kurzer Zeit
zunehmende Kälte an allen Fingern ein. Damit fanden sich die „Arctic PCM“
von Thermoboy in mehreren Praxisdisziplinen am unteren Ende des
Rankings ein und der Wechsel zum nächsten Modell erfolgte zügiger als
erwartet.
Als
nächster Kandidat trat der IXS „X-GTX Polaris Evo“ an. Diese Modell
hatte es nun etwas schwieriger, nachdem die Finger bereits ein wenig
unterkühlt waren. Immerhin gestaltet sich das Anziehen weitgehend
unproblematisch, da das Material auch wieder deutlich weicher und
flexibler ist. Die Unterbringung der Stulpen unter den Jackenärmeln ging
besser als bei der Länge der Stulpen erwartet.
Auch
die Bedienung der Blinker und des Gasgriffs funktionierte gut, das
Navi-Display reagierte nicht auf jeden Antipp-Versuch, aber doch
überwiegend. Überhaupt wirkte er insgesamt irgendwie unspektakulär,
machte nichts falsch ohne an irgendeiner Stelle deutlich aufzufallen und
herauszuragen. Und immerhin wurden die Finger nicht kälter, er schaffte
es also, die Temperatur ganz gut zu halten.
Als
mich die Teststrecke dann aber nach einigen Kilometern in eine noch
etwas kühlere Region mit am Straßenrand noch immer liegenden
Schneefeldern führte und das leichte Kribbeln in den Fingern nicht
aufhören mochte, stand der nächste Wechsel an.
Sogenannte
Drei-Finger-Handschuhe, die als Mittelding zwischen für das Motorrad
untauglichen Fäustlingen und den üblichen Fingerhandschuhen neben dem
Daumen jeweils zwei Kammern für Zeige- und Mittelfinger sowie für Ring-
und kleinem Finger bereitstellen, sollen für besonders kalte
Temperaturen geeignet sein. Nun war der richtige Zeitpunkt, dieser
Aussage auf den Grund zu gehen und zu prüfen, ob der „Chill 3 Finger“
von Thermoboy seinen Job besser erledigen würde als sein oben
beschriebener „Stallgefährte“.
Zunächst
war es schon eine Umstellung, jeweils zwei Finger in einer Kammer
gemeinsam untergebracht zu haben und dadurch ein wenig in der
Beweglichkeit eingeschränkt zu sein. Dabei ging es weniger um die
eigentlichen Bewegungen, die man zum Motorradfahren benötigt (Bremsen,
Kuppeln, Gas geben, Blinken). Aber die Bedienung des Navi-Displays
funktioniert einfach nicht, wenn zwei Finger derart miteinander
verbunden sind.
Das
Anziehen erfolgte durchaus chillig: Leicht ließ sich dieses Modell
überstreifen. Auch die recht langen und voluminös aussehenden Stulpen
konnten problemlos unter den Jackenärmeln untergebracht werden, wenn man
das möchte und die Enden mit den vorhandenen Kordeln etwas zusammenzog.
Sie sind aber auch ausreichend dimensioniert, um sie über die
Jackenärmel zu ziehen.
Die
Handinnenflächen fanden sofort den nötigen Grip am Lenker. Insgesamt
wirkten die Handschuhe, die ja nun auch schon einige Zeit auf der
Testfahrt in den Koffern meines Motorrad mitgeführt werden und
dementsprechend ausgekühlt waren, so, als ob ihnen Kälte nichts anhaben
könnte. Und tatsächlich, es dauerte nur wenige Minuten, bis sich die
ausgekühlten Finger auch während der Fahrt sogar wieder erwärmten.
Unnötig zu erwähnen, dass natürlich während der gesamten Testfahrt die
Heizgriffe meines Reisedampfers absolut tabu waren und definitiv nicht
eingeschaltet wurden.
Was
soll ich sagen: Die Finger und Hände wurden wie gesagt wieder warm und
blieben es auch, die Bedienung am Motorrad war gut und ich musste mich
irgendwann wirklich aufraffen, nicht mehr als Mr. Spock durch die Gegend
zu fahren, sondern dem nächsten Testkandidaten eine Chance zu geben.
Um
mir die Entscheidung etwas leichter zu machen, suchte ich mir das
Reusch-Modell heraus, das mir nach dem Motto „nomen est omen“ und seiner
Bezeichnung „Nordkap“ Mut machte. Schon beim ersten Anfassen fiel das
angenehm weiche Obermaterial auf, das aber nicht glatt ist, sondern fast
ein wenig wie angeraut wirkt. Nach dem bequemen Anziehen passte dieses
Modell bei mir wie angegossen und fühlte sich gleich richtig gut an. Es
gab auch keinerlei Schwierigkeiten, die nicht all zu ausladenden Stulpen
dieses Modells in den Ärmeln meiner Jacke unterzubringen.
Mittlerweile
am deutsch-polnischen Grenzfluss Oder angekommen kam sofort Lust auf,
sich auf den Weg zum Namensgeber dieses Modells zu machen. Perfekte
Bedienung der Motorrad- und auch Navi-Funktionen komplettierten den
perfekten Eindruck. Die Finger blieben auf den folgenden Kilometern auch
angenehm warm. Kurzum: Es gab nichts, was ich irgendwie kritisieren
könnte.
So
machte ich mich dann schweren Herzens daran, mich meinem „Sorgenkind“
zu widmen: Das Modell „Oregon“ von IXS schien in dem großen Testfeld
irgendwie auf verlorenem Posten zu stehen. Deutlich dünner gefüttert
wirkte es eher wie ein Übergangsmodell, das sein Einsatzgebiet irgendwo
zwischen 10 und 20 Grad haben dürfte, aber für Temperaturen um den
Gefrierpunkt eher unterdimensioniert erschien. Damit insgesamt
wesentlich dünner wirkend war auch das Ankleideprocedere völlig
unspektakulär und einfach, ebenso die Unterbringung der eher kurzen
Stulpen unter den Ärmeln.
Jegliche
Bedienungen, egal ob Blinker-Knöpfe, Bremshebel oder Navi-Display,
waren erwartungsgemäß unproblematisch, wie man es halt von einem
klassischen Alltagshandschuh kennt. Aber nach dem Start wurde von Meter
zu Meter, von Kilometer zu Kilometer die Überraschung immer größer:
Hatte ich doch erwartet, meine Befürchtungen bereits nach wenigen
Minuten bestätigt zu bekommen, belehrten mich die „Oregon“ eines
Besseren was ihre Isolierungswirkung anging: Überraschend lange wartete
ich vergebens auf das Einsetzen des Kälteempfindens. Irgendwann einmal
musste ich dann an den nächsten Modellwechsel denken, um den anderen
Teilnehmern auch ihre Chancen einzuräumen. Da setzte dann langsam eine
unterschwellige Kühle in den Fingern ein, die aber ein Weiterfahren noch
für längere Zeit ermöglicht hätte. Wahrscheinlich sollte man mit diesem
Modell tatsächlich bei Temperaturen von unter 5 Grad keine
stundenlangen Touren planen, aber der „Oregon“ ist für mich DIE positive
Überraschung im Testfeld, weil er auch bei kühlen Temperaturen viel
mehr kann, als man ihm zutrauen würde. Chapeau!
Als
nächster Kandidat kam wieder ein 3-Finger-Modell zum Einsatz: Rukka gab
ihm den passenden Namen „Lobster“. Hier kann ich meine Ausführungen
abkürzen, weil alles, was zum „Chill 3 Finger“ von Thermoboy geschrieben
wurde, ebenso auf den Lobster zutrifft. Beide unterscheiden sich vor
allem durch kleine Features, die Rukka seinem Modell zusätzlich auf den
Weg gibt und die man positiv oder negativ bewerten kann: Zum einen sind
beim Lobster am linken Zeigefinger sowie am linken Daumen kleine Lippen
angebracht, mit denen man sich die Nässe vom Helmvisier abwischen kann.
Zum anderen weisen die Handteller beim Lobster Protektoren auf, die im
Falle eines Sturzes zusätzliche Sicherheit und eine Verringerung der
Verletzungsgefahr vor allem in der medizinisch problematischen Region
der Handwurzelknochen ermöglichen soll. Allerdings sind diese
Protektoren recht kräftig gestaltet. Das führt dazu, dass die Hände
anders an den Lenkergriffen anliegen, sich also die Statik der eigenen
Haltung während der Fahrt etwas verändert. Hier empfehle ich unbedingt,
vor dem Kauf dieses Modells nicht nur die Anprobe zusammen mit der
eigenen Motorradjacke vorzunehmen, sondern sich mit angezogenen
Handschuhen auf das eigene Motorrad zu setzen und in sich hinein zu
fühlen, wie man damit klar kommt.
Den
Wechsel zum nächsten Testkandidaten erwartete ich mit Spannung: Germot
hat mit dem Colorado einen der preiswertesten Teilnehmer zur Verfügung
gestellt. Bekanntlich kann oder möchte nicht jeder 100 Euro oder mehr
für Winterhandschuhe ausgeben; so darf man auf den direkten Vergleich
gespannt sein.
Sowohl
Textilmaterial am Handrücken als auch der Lederbesatz auf der
Handinnenfläche machten einen wertigen Eindruck. Die Handschuhe ließen
sich leicht anziehen und passten wunderbar und ohne Probleme unter die
Ärmel meiner Jacke. Bei guter Passform war auch die Bedienung am
Motorrad unproblematisch. Das Navi-Display ließ sich ebenfalls
überwiegend gut bedienen, allerdings nicht immer gleich auf Anhieb. Dazu
war der durch die weiche Polsterung etwas eingeschränkte Druckpunkt
nicht eindeutig genug. Auch mit diesem Modell konnte ich die folgenden
Kilometer zurücklegen, ohne dass Hände bzw. Finger auskühlten. Insgesamt
war auch dieses Modell an keiner Stelle wirklich auffällig oder gar
spektakulär, weder positiv noch negativ. Jedoch ist das unter
Berücksichtigung des äußerst günstigen Preises nicht die schlechteste
Voraussetzung, mich überzeugt das Konzept durchaus.
Last
not least wartete an diesem Tag noch mit dem R-Star von Rukka das
teuerste Modell im Testfeld auf mich. Schon beim Auspacken fiel die
aufwändige Verarbeitung mit zahlreichen, unterschiedlichen und zum Teil
übereinander platzierten Materialien auf. Die starken Knöchel-Höcker
verstärkten die Racer-Optik. Trotz relativ langer Stulpen war es kein
Problem, die Handschuhe unter die Jackenärmel zu bekommen. Allein beim
Ausziehen fiel auf, dass die Weitenverstellung mit Verschluss am
Stulpenende zu komplex und mit Handschuhen kaum bedienbar ist. Hier ist
der Reißverschluss einfach zu klein dimensioniert, um sie mit
angezogenen Handschuhen gut öffnen oder schließen zu können.
Auffällig
ist ferner eine aufwändige Gestaltung des Innenlebens: Rukka stattet
den R-Star noch mit einer zusätzlichen Mittelfalte aus. Damit kann man
das Futter wahlweise auf der Handinnen- oder Handaußenseite verstärken
und damit die wärmende Wirkung erhöhen.
In
der Praxis traten die verschiedenen Materialien und Formen an der
Handinnenseite nicht nur positiv in Erscheinung, Beim Zupacken am Lenker
entstand so eine Faltenbildung, die den direkten Kontakt zum Gasgriff
etwas beeinträchtigte. Lag es an der mittlerweile mehr als 6-stündigen
Testfahrt und den letzten von etwa 300 gefahrenen Kilometern, dass beide
kleinen Finger auskühlten? Schwer zu sagen. Da aber auch die Bedienung
am Motorrad sowie des Navi-Displays irgendwie nicht so richtig
überzeugend funktionierten, hat sich dieses Modell nicht zuletzt auch
unter Berücksichtigung seines hohen Preises bei mir nicht in eine
Favoritenrolle spielen können.
Bereits
im Dezember und damit vor dem Schneeeinbruch konnte ich die Modelle
„Winter“ von Vanucci und „Fusion GTX“ von REV`IT ebenfalls bei
Temperaturen rund um den Gefrierpunkt ausgiebig Probe fahren. Dabei fiel
beim Vanucci-Modell auf, dass das etwas steif wirkende Material das
Anziehen erschwert. Hat man diese Prozedur dann aber hinter sich
gebracht, verfügt der „Winter“ über eine recht angenehme Passform, die
auch ein Gutes Bedienen von Gashahn und Bedienungsknöpfen ermöglichte.
Das Navi-Display benötigte manchmal mehr als einen Drücker, um den durch
das gepolsterte Handschuhmaterial etwas gedämpft ankommenden Befehl
auch auszuführen. Der Handschuh hielt gut warm und präsentierte sich so
als ein funktionales Modell.
Sein
holländischer Kollege „Fusion GTX“ von REV`IT dagegen ließ sich
spielend leicht über die Hände ziehen und unter den Ärmeln platzieren.
Auch die Bedienungselemente am Motorrad sowie das Navi-Display waren
infolge der recht guten Passform entsprechend gut zu betätigen. Leider
setzte hier doch relativ früh ein gewisses Kälteempfinden ein, dass man
nach dem guten und dicken Eindruck der Handschuhpolsterung nicht
unbedingt erwartet hätte.
Eine
Frage aber war bis dahin bei allen Modellen noch nicht beantwortet: Wie
ist es um die Wasserdichtigkeit im Testfeld bestellt?
Einige
der Modelle sind mit Goretex-Material ausgestattet, so dass bei
fachgerechter Verarbeitung auch keine Wassereinbrüche zu erwarten sein
dürften. Daneben gibt es mit Vanuccis „Winter“, dem „Arctis PCM“ von
Thermoboy sowie dem Chill 3 Finger des gleichen Herstellers und dem
Colorado von Germot mehrere Modelle, bei denen die Hersteller auch ohne
Verwendung von Goretex die Wasserdichtigkeit zusicherten. Allein beim
Oregon von IXS gibt es keine Herstellerangabe zur Wasserdichtigkeit.
{youtube}lgm-6IrAyMY{/youtube}
Um
dieser Fähigkeit auf den Grund zu gehen, galt es für die Teilnehmer,
einen in diesem Video dokumentierten besonders intensiven Testpart zu
überstehen: Jeder Handschuh wurde dergestalt präpariert, dass knapp
fingerdicke Stäbe mit handelsüblichen Haushaltstüchern umwickelt in den
Handschuhfingern platziert wurden. Außerdem wurde ein ebenfalls in
Haushaltspapier eingewickelter Tennisball in der jeweiligen Handfläche
platziert. Anschließend fand ein video-dokumentierter 10minütiger
Tauchgang aller Testteilnehmer in Wasser statt, bei dem sich zeigen
sollte, ob und ggf. an welchen Stellen bei diesem Extremtest Wasser in
die Handschuhe eingedrungen ist: Das saugfähige Haushaltspapier
versprach, auch kleine Mengen eintretender Flüssigkeit aufzusaugen und
beim Herausziehen aus dem Handschuh überprüfbar zu belegen. Durch
Fixierung der eingetauchten Handschuhe an einem entsprechenden Gewicht
wurde ein Aufschwimmen der Testteilnehmer wirksam verhindert und gleiche
Bedingungen für alle Tauchgänge gewährleistet.
Im
Ergebnis ist festzuhalten, dass keiner der Goretex-Vertreter im
Tauchbad gepatzt hat. Alle drei Modelle von Rukka, das Modell „Nordkap“
von Reusch, der „Fusion GTX“ von REV`IT, der „X-GTX Polaris Evo“ von IXS
bestanden den Wasserdichtigkeitstest mit Bravour und garantieren ihren
Besitzern auch auf nassen Ausfahrten trockene Finger.
Aber
auch die ohne Goretex auskommenden Modelle von Vanucci und Germot haben
das Tauchbad schadlos überstanden: An keiner Stelle wiesen die
präparierten Handschuhe Hinweise auf eindringende Feuchtigkeit auf, die
Hände können somit auch in diesen Modellen trocken bleiben. Der
Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass sich aber das
Außenmaterial des „Colorado“ von Germot stärker mit Wasser vollgesogen
hat, als dies bei den anderen wasserdichten Modellen der Fall war. Damit
ist im Falle einer regenreichen Etappe bei diesem Modell damit zu
rechnen, dass die Hände und Finger zwar trocken bleiben, die Handschuhe
im Laufe der Zeit aber deutlich schwerer werden und die Gefahr
vermehrter Auskühlung durch den Verdunstungseffekt im Fahrtwind besteht.
In
unserem Extremtest sind aber beide Modelle des Herstellers Thermoboy
trotz vom Hersteller zugesicherter Wasserdichtigkeit durchgefallen.
Sowohl beim „Chill 3 Finger“ als auch beim „Arctis PCM“ waren am vierten
bzw. fünften Finger zum Teil sehr deutliche Wassereinbrüche
festzustellen, beim „Arctis PCM“ zusätzlich auch im Bereich der
Handkante.
Und
wie hat diesen Test das nicht als wasserdicht angepriesene Modell
„Oregon“ von IXS überstanden? Wie auch schon in Sachen Wärmeisolierung
während des Praxistests wusste dieses Modell auch hier famos zu
überraschen: Keinerlei Feuchtigkeitseinbruch war nach Beendigung des
zehnminütigen Tauchgangs zu verzeichnen! Was für eine Überraschung!
Damit wird es Zeit für ein Fazit zu diesem breit angelegten Vergleichstest von Winterhandschuhen:
Mit
einem Kaufpreis von etwa 70 Euro und Leistungen, die die
Testerwartungen sowohl in Sachen Klimakomfort als auch sogar im Hinblick
auf Wasserdichtigkeit deutlich übertrafen, ist IXS mit dem „Oregon“ ein
echter Überraschungscoup gelungen. Irgendwie Underdog und Wunderknabe
in einem, wusste er in den verschiedenen Testabschnitten immer wieder
ein anerkennendes Grinsen in das Gesicht des Testers zu zaubern. Wer auf
seinen langen Touren noch etwas oberhalb der Null-Grad-Grenze bleiben
wird, kann sich bei diesem Modell Dank kleinvolumigen Futters über einen
äußerst handlichen, fast schon dünn wirkenden aber funktionsfähigen und
preislich attraktiven Allrounder freuen.
Wer
dagegen vorhat, den Gefrierpunkt auch mal deutlich zu unterschreiten,
kommt an den wärmsten Modellen im Test kaum vorbei: das sind die beiden
3-Finger-Modelle von Rukka „Lobster“ und Thermoboy „Chill 3 Finger“.
Während der „Lobster“ in allen Disziplinen (mit Ausnahme der
konstruktionsbedingten Einschränkungen auf den Navi-Displays) mit besten
Ergebnissen aufwartete und zusätzlich auch durch qualitativ hochwertige
Protektoren auf der Handinnenseite das Thema Sicherheit nicht
vernachlässigt, erfordert er eine Investition von etwa 100 Euro. Das mit
nur etwa 40 Euro deutlich günstigere Modell „Chill 3 Finger“ steht dem
Rukka in Sachen Wärmeisolierung nicht nach, weist aber in Sachen
Wasserdichtigkeit erhebliche Defizite auf und verfügt über einen
geringeren Unfallschutz auf der Handinnenseite.
Schnäppchenjäger
werden Germots „Colorado“ im Blick haben. Für knapp 50 Euro können sie
einen Handschuh bekommen, der auch bei kühlen Temperaturen für warme
Finger und auf nassen Touren für trockene Finger sorgt. Im Kreis der zum
Teil deutlich teureren Kandidaten hat sich dieses Modell prima
geschlagen.
Meine
persönlichen Favoriten sind die Modelle „Nordkap“ von Reusch und „Mars“
von Rukka. Mit etwa 100 bzw. 120 Euro liegen sie zwar im mittleren bzw.
gehobenen Preissegment, glänzten aber mit sehr guter Wärmeisolierung,
bequemem Tragekomfort und guter Bedienungsfähigkeit sowie vollständiger
Wasserdichtigkeit. Tendenziell wirkt der „Nordkap“ etwas kräftiger
gefüttert, vielleicht noch etwas wärmer, dafür der „Mars“ noch etwas
tauglicher in Sachen Fingerspitzengefühl.
Rukkas
„R-Star“ dürfte Technik-Freunde und Racer ansprechen. Mit seinem
aufwändigen, mehrlagigen Aufbau, der zusätzlichen Mittelfalte innen im
Handschuh und seinen deutlichen Knöchelschützern wird sein hoher
Kaufpreis von knapp 170 Euro gerechtfertigt werden. Aber trotz
einwandfreiem Testverlauf konnte er meine beiden Favoriten in keinem
Bereich übertreffen.
Die
Modelle „Fusion GTX“ von REV`IT, „Winter“ von Vanucci und „X-GTX
Polaris Evo“ haben in keiner Testphase Schwächen offenbart. Allerdings
ist bei mir auch anders als bei meinen Favoriten nicht wirklich „ein
Funke übergesprungen“.
Enttäuscht
war ich dagegen von Thermoboys „Arctis PCM“, der weder bei der
Wärmeisolierung noch beim Tragekomfort und auch nicht bei der
Wasserdichtigkeit überzeugen konnte. Und auch wenn er mit nur knapp 70
Euro dem preisgünstigen Testfeld zuzuordnen ist, würde ich mich eher im
restlichen Testfeld nach einem überzeugenden Partner für künftige
winterliche Ausfahrten umsehen.
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