Montag, 14. November 2016

The best (of) Torsten Riemann

31.03.2012:

Ich habe ihn schon einige Male erlebt. An verschiedenen Orten. Zum Beispiel in der Alten Feuerwache oder auch im Admiralspalast. Und am Freitag dann auch… bei einem Weinhändler in Mitte.

Etwas ungewöhnlich war es schon, dass ein Depot des Filialisten Jacques am Freitagabend eine Weinverkostung mit einer Live-Vorstellung von Torsten Riemann abrundete. Manch einer wird fragen: Wer ist Torsten Riemann?

Wenn man sagt, er sei ein Chansonnier, dann klingt das fast zu langweilig. Da gefällt mir die Bezeichnung als „Song-Poet“, die schon jemand anderes gefunden hat und die ich hier nur aufgreife, wesentlich besser. Torsten Riemann interpretiert eigene Texte in deutscher Sprache zu eigener Musik. Dabei begleitet er sich selbst mal an der Konzertgitarre, mal mit dem Akkordeon und manchmal auch am Keyboard. Und am Freitag Abend brachte er mit Eric Daniel Sander noch Verstärkung mit. Von ihm ließ er sich zu einigen Songs an der Cajon, einer „Percussion-Kiste“, begleiten. Dabei hielt er nicht nur am Genre „Chanson“ fest, sondern begab sich auch auf Ausflüge in den Rock `n`Roll, zum Jazz und sogar mit einem Rap wartete er auf.
Seine Texte könnte man als sozialkritisch bezeichnen, aber auch das würde nur bedingt treffen. Sie machen nachdenklich, stellen so manch alltäglich anzutreffende Selbstverständlichkeit in Frage und haben ihre Wurzeln so oft im üblichen Alltagsgeplänkel.

Die letzten Male wirkte Torsten bei seinen Konzerten mit seinen tiefgründigen Texten und seinen zwischen den Liedern platzierten Überleitungen so nachdenklich, dass die Grenze zur Melancholie fließend war. An diesem Abend war vieles anders.

Er sprühte förmlich vor Humor und guter Laune. Zum Beispiel, wenn er die Story von seinem Klassentreffen nach dreißig Jahren erzählte und sich dabei mit seinem Publikum wunderte, wie ein hagerer Revoluzzer im Laufe der Jahre zu einem übergewichtigen “Ich habe alles vorbereitet dabei, Du musst nur unten rechts unterschreiben” mutieren kann. Oder auch, wenn er in seiner eigenen Berlinhymne das Stadtleben auf die Schippe nahm.

Überhaupt kokettierte Torsten im Verlaufe des Abends immer wieder mit seiner Berliner Vergangenheit. So ist er doch um die Ecke aufgewachsen: Die Kindheit und Jugend zwischen Hannoversche Straße und Gartenstr. verbracht, später war er mit dem Berliner Ensemble auf „Du und Du“. Schon deswegen hat er zu unserer Stadt eine besondere Bindung, die ihm mittlerweile im Prenzlauer Berg wohnend auch einen kritischen Blick auf die Entwicklung dort ermöglicht.

Ein Abend voller Stimmgewalt und Spaß, zwischen Nachdenken und Unterhaltung nahm seinen Lauf und mehrfach wurde das Programm von lauten Lachern des Publikums unterbrochen. Der Sänger, Gitarrist, Keyboarder, Akkordeonspieler und Conferencier in einer Person schaffte es an diesem Abend, sein Publikum einzufangen und in seine Gedankenwelt mitzunehmen, und zwar so, dass sich jeder dabei wohlfühlte.

In dieser Verfassung ist Torsten Rieman ein bodenständiger Berliner Künstler, den man unbedingt gesehen und gehört haben sollte und den man so gut zumindest lange nicht mehr erleben konnte. Die nächste Gelegenheit dazu bietet sich am 12. Mai im Café Eisblümchen in Biesdorf. Für mich ein “must-have”!


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